Tesla Aktie: Kein Investment, sondern eine Glaubensfrage
- Stefan Waldhauser
- vor 6 Minuten
- 7 Min. Lesezeit

Tesla ist einzigartig und wie keine andere Firma auf diesem Planeten. Wer daran immer noch zweifelt, wurde im Umfeld der Tesla-Quartalsberichterstattung nach dem Q1 2025 eines Besseren belehrt:
Die Tesla Zahlen zum Q1 2025 waren so desaströs, wie man es sich nach den bereits bekannten Auslieferungszahlen vorstellen konnte, und sie lagen weit unter den Analystenerwartungen.
Der Umsatz im Kerngeschäft (E-Autos) ist im ersten Quartal 2025 im Vergleich zu 2024 um 20 % eingebrochen und liegt damit sogar unter den Zahlen aus dem Jahr 2023. Sieht so eine Wachstumsdelle aus oder ist das ein Negativ-Trend?
Der operative Gewinn ist um zwei Drittel eingebrochen. Im operativen Autogeschäft ist Tesla sogar in die roten Zahlen abgerutscht.
Das laufende Quartal dürfte noch düsterere Zahlen liefern, und auch Verluste im weiteren Verlauf des Jahres werden immer wahrscheinlicher. Folgerichtig weigern sich die Tesla Verantwortlichen, einen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr abzugeben.
Bei jedem anderen Unternehmen würden solche Zahlen in Verbindung mit der fehlenden Guidance einen Kurssturz auslösen.

Nicht so bei der Tesla-Aktie. Hier steigen trotz solcher Zahlen das ohnehin dreistellige KGV und andere Bewertungsmultiplikatoren immer weiter an. Der Tesla-Aktienkurs liegt heute ca. 70 % höher als vor einem Jahr und hat auch direkt nach Bekanntgabe der Q1 Zahlen weiter zugelegt.
Als Grund dafür wird angegeben, dass Elon Musk ein Bekenntnis dafür ablegte, zukünftig wieder drei bis vier Tage pro Woche als CEO von Tesla arbeiten zu wollen und sich etwas mehr aus der Politik zurückzuziehen. Na dann...
Aus den Analysen prominenter Tesla-Bullen wie Cathie Wood, Dan Ives (Wedbush) und Adam Jonas (Morgan Stanley) habe ich längst gelernt, dass ich Tesla nicht wie einen gewöhnlichen E-Autobauer bewerten darf, sondern die Zukunft des Unternehmens als führender Anbieter von Robotaxis und Humanoid-Robotern betrachten muss.
Nun gut. Ich habe mir den 86-minütigen Analystencall von Tesla nach den Q1-Zahlen in voller Länge angehört, um besser zu verstehen, warum die Tesla-Aktie trotz desaströser Quartalszahlen steigt. Dabei ging es um die Zahlen übrigens nur ganz am Rande, und kritische Fragen seitens der Analysten diesbezüglich wurden erst gar nicht zugelassen.
Tesla und die Robotaxis - Der Showdown naht
Tesla steht kurz davor, den Betrieb seiner Robotaxis in Austin, Texas, aufzunehmen. Elon Musk hat den Zeitplan „Beginn im Juni“ gerade nochmals bestätigt. Allerdings musste er auch einräumen, dass es nicht das sagenumwobene Cybercab ohne Lenkrad und Pedale sein wird, das an den Start geht, sondern eine kleine Flotte von 10 bis 20 Tesla-Model-Y-Fahrzeugen, die den Testbetrieb im Juni aufnehmen und von menschlichen Remote-Operatoren unterstützt werden. Zudem hat er eingestanden, dass Tesla aktuell eine Flotte von Fahrzeugen speziell für das abgegrenzte Testgebiet in Austin trainiert.
Das ist ein großer Unterschied zu seinen Behauptungen aus der Vergangenheit, wonach nahezu jedes herkömmliche Tesla-Fahrzeug fast überall auf der Welt vollautonom unterwegs sein könne. Bis dahin ist es unabhängig von dem Projekt in Austin noch ein sehr sehr weiter Weg. Im Endeffekt bedient sich Tesla nun doch dem Playbook, nach dem Waymo schon seit fast zehn Jahren agiert: Man wird eine Stadt nach der anderen angehen und für den autonomen Betrieb freigeben.
Mit einem großen Unterschied: Tesla behauptet nach wie vor, auf die teuren LIDAR-Sensoren in den Fahrzeugen verzichten und seine autonomen Fahrzeuge (AVs) rein mit Kameras und AI betreiben zu können. Das ist dann wohl eine Glaubensfrage. Viele Experten sagen, dass es nicht möglich ist, mit so wenig Hardware in der Praxis auszukommen. Wir werden sehen.
Ich bin gespannt, wie der Tesla Testbetrieb in Austin ab Juni aussehen wird. Es wird wohl keinen menschlichen Safety-Driver an Bord der Testfahrzeuge geben, sonst könnte es nicht der große Befreiungsschlag werden, den sich Elon Musk erhofft. Er dürfte sich feiern lassen, wenn ab Ende Juni die ersten zahlenden Kunden ihre Runden in einem Tesla Robotaxi drehen.
Spannend wird der direkte Vergleich zwischen dem Tesla-Fahrerlebnis und dem Angebot von Waymo/Uber sein. Autonome Fahrzeuge von Waymo auf Basis des rein elektrischen Jaguar I-PACE sind in Austin bereits heute im Einsatz und über die Uber-App zu buchen. Ein direkter Vergleich unter ähnlichen (optimalen) Bedingungen ist also möglich. Eins dürfte jetzt schon klar sein: Tesla wird als Preisbrecher an den Markt gehen. Elon Musk schätzt die Kosten der Tesla-Robotaxis auf nur 20–25 % der Waymo-/Jaguar-Fahrzeuge.
Noch viel spannender als der Testbetrieb bei bestem Wetter und stabilen Bedingungen in Texas ist die Frage, ob bis Ende 2026 tatsächlich Millionen von Tesla-Robotaxis auf diesem Planeten unterwegs sein werden. Jedes aktuelle Tesla-Modell soll durch ein Software-Update vollautonom fahrtauglich werden.
„In der zweiten Hälfte des nächsten Jahres werden Millionen von Teslas autonom unterwegs sein.“
Elon Musk
So oder so ähnlich habe ich dieses Statement nun schon viele Jahre lang gehört. Elon Musk betonte nun nochmals, dass ab 2026 nur noch regulatorische Hemmnisse dafür sorgen könnten, dass Tesla über 90 % des explosionsartig wachsenden AV-Marktes beherrschen wird.
Neue preisgünstige Tesla Modelle
Nun gut. Sollte es doch zu Verzögerungen kommen – ich erinnere daran, dass sich eine Million Vorbestellungen für den Cybertruck als Fata Morgana erwiesen haben –, hätte Tesla als E-Auto-Hersteller ein existenzielles Problem. Denn es gibt keinen Plan B.
Das in den kommenden Monaten zu erwartende preisgünstigere Tesla-Fahrzeug wird sich wohl nur geringfügig vom bestehenden Model Y unterscheiden. Es wird auf derselben Produktionslinie gefertigt und die Erwartungen daran wurden im Analysten-Call nach dem ersten Quartal eher gedämpft als angeregt.
„Die vollständige Auslastung unserer Fabriken ist das vorrangige Ziel für diese neuen Produkte. Daher ist die Flexibilität hinsichtlich der Formgebung und des Designs auf das beschränkt, was wir mit unseren bestehenden Produktionslinien realisieren können, anstatt neue zu bauen.“
Lars Moravy, VP Vehicle Engineering bei Tesla
Optimus ist Teslas Hoffnungsträger
Elon Musk behauptet nach wie vor, Tesla habe das Potenzial, das bei weitem wertvollste Unternehmen der Welt zu werden. Der Grund dafür ist sein grenzenloser Optimismus bezüglich des Optimus. Nomen est omen. Einige tausend Exemplare des humanoiden Roboters sollen noch 2025 gebaut und in der Tesla-Fertigung eingesetzt werden.
Ab 2026 soll daraus innerhalb weniger Jahre das wertvollste Business werden, das dieser Planet je erlebt hat. Elon Musk ist jedenfalls davon überzeugt, dass ab 2030 jährlich über eine Million Optimus-Roboter verkauft werden und Tesla den Weltmarkt anführen wird. Wie groß dieser Markt dann sein wird und welche Kunden in wenigen Jahren Millionen von Robotern kaufen werden? Über solche Details gibt es meines Wissens keine Informationen.
Auf Nachfrage wurde aber nicht verheimlicht, dass es derzeit einige Schwierigkeiten zu lösen gibt, beispielsweise, dass man für die Produktion des Optimus auf einige exportbeschränkte Komponenten aus China angewiesen ist, China jedoch die entsprechende Exportlizenz verweigert, da das Land befürchtet, der Optimus könnte militärisch genutzt werden.
Elon hat dies als völligen Unsinn abgetan. Das ist dann wohl endgültig eine Glaubensfrage. Ich gehöre definitiv zu den Ungläubigen, denn warum sollte man dem Optimus keine Waffe in die Hand drücken können, wenn er denn so gut und stark und flexibel einsetzbar wäre, wie immer behauptet wird?
Die Tesla-Zahlen zum 1. Quartal 2025
Als Ungläubiger erlaube ich mir, einen etwas genaueren Blick auf die Tesla-Zahlen zu werfen, auch wenn das von den Tesla-Bullen als unwichtig und kleinkrämerisch abgetan wird.

Der Gesamtumsatz von Tesla ist im ersten Quartal um knapp 10 % zurückgegangen. Das Kerngeschäft mit E-Autos, das immer noch 72 % des Gesamtumsatzes ausmacht, war um 20 % rückläufig. Wie viel davon auf das Konto der Produktionsumstellung auf die neueste Version des Model Y im ersten Quartal ging, werden wir im laufenden zweiten Quartal sehen.
Das Geschäft mit Tesla Energiespeichern boomt und wuchs im ersten Quartal um 67 % auf $2,7 Mrd. Es macht damit 14 % des Gesamtumsatzes aus, dürfte im weiteren Jahresverlauf aber negativ von den China-Zöllen betroffen sein, da die verbauten Batterien aus chinesischer Produktion stammen.
Der operative Gewinn von Tesla brach im Q1 um zwei Drittel auf nur noch knapp $400 Mio. ein. Der Nettogewinn lag unwesentlich höher. Lediglich die um 35 % auf fast $600 Mio. gestiegenen KFZ-Emissionsgutschriften, die Tesla aufgrund von Umweltvorschriften von anderen Autoherstellern erhält, verhinderten im 1. Quartal, dass Tesla sowohl operativ als auch unterm Strich einen Verlust ausweisen musste.
Die Bewertung der Tesla-Aktie
Ich gehe derzeit davon aus, dass es für Tesla im laufenden zweiten Quartal sehr schwierig werden dürfte, das weitere Abrutschen in die Verlustzone zu vermeiden. Eine Prognose für das laufende Quartal oder gar das Gesamtjahr 2025 gibt es von den Verantwortlichen bei Tesla wenig überraschend nicht. Angesichts der großen Unsicherheiten, die von der erratischen Politik des Trump-Regimes ausgelöst wurden, kann ich das sehr gut nachvollziehen.
Tesla wird derzeit mit einem Enterprise Value von ca. $800 Mrd. gehandelt. Vielleicht sind 10 % davon durch das E-Autogeschäft gerechtfertigt. Die anderen 90 % sind eine Wette auf Robotaxi/Cybercab und Optimus. Offenbar gibt es immer noch eine große Anzahl von Investoren, die Elon Musk zutrauen, Waymo und die anderen AV-Anbieter mit einem revolutionären Ansatz zu überflügeln und mit den humanoiden Robotern basierend auf AI das nächste ganz große Ding zu entwickeln.
Ich gehöre nicht dazu und denke, dass die Tesla-Aktie in den kommenden Quartalen weiter deutlich unter Druck geraten wird. Dazu werden die Analysten beitragen, die ihre viel zu hohen Umsatzerwartungen nach dem ersten Quartal senken müssen. Ich persönlich gehe mittlerweile sogar davon aus, dass Tesla für das Gesamtjahr 2025 Verluste ausweisen wird.
Angesichts des jüngsten Kursanstiegs habe ich die Tesla-Short-Position in meinem öffentlichen Long/Short-Portfolio ausgebaut und setze damit auf fallende Kurse. Allerdings darf man Elon Musk niemals unterschätzen und muss immer damit rechnen, dass er neue Kaninchen aus dem Hut zaubert. So könnte er beispielsweise jederzeit ankündigen, in die Drohnenfertigung einzusteigen. Eine MAGA-Drohne „Made in America“. Das fliegende Cybercab sozusagen.
Wie ich darauf komme?
Hier ist seine bemerkenswerte Abschlussbemerkung aus dem Q1-Analysten-Call:
„Ich bin jedoch der Meinung, dass jedes Land, das keine eigenen Drohnen herstellen kann, dazu verdammt ist, ein Vasallenstaat eines Landes zu werden, das dies kann. Und Amerika kann derzeit keine eigenen Drohnen herstellen. Das ist leider die Realität. Ich glaube, dass China etwa 70 % aller Drohnen herstellt. Betrachtet man die gesamte Lieferkette, so sind fast 100 % der Drohnen von China abhängig. China befindet sich also in einer sehr starken Position.“
Elon Musk
Es bleibt in jedem Fall spannend und man könnte fast schon über diese unterhaltsamen Tesla Stories schmunzeln, wenn es nicht so ernst wäre. Wenn du die Geschehnisse rund um dieses einzigartige Unternehmen gemeinsam mit mir weiterverfolgen möchtest, dann kannst Du jetzt hier meinen kostenlosen Newsletter bestellen.
Disclaimer: Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise. Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen oder Unternehmen hält Short-Positionen auf Aktien von Tesla (Stand 23.4.2025). Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen oder Unternehmen sind im Rahmen einer Affiliate-Partnerschaft und über das Popular Investors Programm mit eToro verbunden. Das Copy Trading stellt keine Anlageberatung dar. Der Wert dieser Anlagen kann steigen oder fallen. Dein Kapital ist gefährdet. 61 % der CFD-Einzelhandelskonten verlieren bei eToro Geld."