Was Du über Aktienvergütungen (SBC) und Verwässerung bei Aktien wissen solltest
Dieser Beitrag ist das Update eines erstmals im Dezember 20222 auf diesem Blog erschienenen Artikels.
Ein wichtiges Thema bei der Analyse von Technologie- und Growth-Aktien ist die Betrachtung der Aktienvergütungen für Mitarbeiter. Mit diesem Beitrag möchte ich erläutern, worauf es bei den SBC (= Stock-Based Compensation) wirklich ankommt und warum ich hohe Kosten für SBC oftmals nicht ganz so kritisch sehe wie einige andere Beobachter.
Was sind Aktienvergütungen (SBC)?
Bei schnell wachsenden Unternehmen ist die Auflage eines attraktiven Programms zur Mitarbeiterbeteiligung essentiell, um genügend erstklassige Mitarbeiter am Arbeitsmarkt für das Unternehmen zu gewinnen und halten zu können.
In der Regel bekommen Mitarbeiter z.B. in der US Tech Branche als Teil ihrer Vergütung neben einem Festgehalt ein Aktienpaket zugesprochen. Das kann in Form von echten Aktien oder aber Aktienoptionen sein, bei denen der Mitarbeiter das Recht auf den Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Basispreis erhält.
Dieses Paket unterliegt meist einem “Vesting”, d.h. die Mitarbeiter müssen sich in der Praxis die Beteiligung in den Jahren danach “verdienen”, indem sie ihre Arbeitskraft in die Entwicklung des Unternehmens investieren. Sollte der Mitarbeiter vorzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden, so kann er nicht damit rechnen, sein vereinbartes Paket in voller Höhe zu erhalten.
In der Praxis handelt es sich zumindest bei US-Firmen meist um mehrjährige Aktienoptions-Programme, bei denen z.B. monatlich im Zeitraum von 4 Jahren eine bestimmte Anzahl von Aktienoptionen “zuteilungsreif” wird.
Zwei Effekte der SBC, die für Aktionäre unterschiedlich wichtig sind
Für die Aktionäre haben die Aktien bzw. Aktienoptionen der Mitarbeiter zwei sehr unterschiedliche Effekte, die nicht miteinander verwechselt werden dürfen und getrennt voneinander zu betrachten sind:
Die Aktionäre werden durch die SBC verwässert, da für die Aktien(options)programme neue Aktien ausgegeben werden. Die Verwässerung bedeutet die Reduzierung des prozentualen Anteils der Aktionäre am Unternehmen aufgrund der Vergrößerung der Aktienanzahl.
Gemäß den US Bilanzierungsrichtlinien GAAP müssen die SBC als Betriebsausgabe in den Personalkosten ausgewiesen werden. Sie reduzieren also das operative Ergebnis EBIT nach GAAP und damit auch das Netto Ergebnis. Für den Cashflow sind die Ausgaben für SBC hingegen nicht relevant, da die Mitarbeiter ja dafür keine Barzahlung, sondern stattdessen die Zuteilung von Aktien(optionen) erhalten.
Viele Hobby-Analysten konzentrieren sich bei der Beurteilung der SBC auf diesen zweiten Punkt und berechnen regelmäßig, wie viel Prozent vom Umsatz im Unternehmen für SBC aufgewendet wurde.
Bei einigen der besten High-Growth-Companies ergeben sich sehr hohe SBC-Kostenquoten wie z.B. bei Snowflake, die in den vergangenen 12 Monaten über 40% des Umsatzes für SBC verbucht haben.
Ich lese immer wieder, dass es für eine High-Growth-Aktie ein sehr schlechtes Zeichen sei, wenn die SBC Kostenquote (also der Anteil der SBC vom Umsatz) in den Jahren nach dem IPO nicht möglichst schnell absinkt.
Ich sehe das entspannter.
Für mich sind die SBC aus dem Aspekt der Verwässerung heraus viel wichtiger.
D.h. ich rate dazu, bei der Analyse von Growth-Aktien vielmehr auf die Anzahl insgesamt ausgegebener Aktien und deren Entwicklung zu achten.
Zwar sind die SBC unter dem Kostengesichtspunkt ebenfalls relevant für das Zahlenwerk eines Wachstumsunternehmen. Denn die Aktienvergütungen führen in der Praxis regelmäßig dazu, dass Cashflow-positive Unternehmen unterm Strich in der Gewinn- und Verlustrechnung noch rote Zahlen ausweisen. Aber die Verwässerungsquote ist das, was bei institutionellen Investoren wirklich zählt. Diese Kennzahl kann die Bewertung einer Aktie in der Tat negativ beeinflussen, falls sie ungewöhnlich hoch ist.
Verwässerung in der Praxis
Glücklicherweise ist die Verwässerung auch bei High-Growth-Unternehmen mit exorbitanten SBC Kostenquoten oftmals gar nicht so dramatisch hoch, wie man meinen möchte.
Hier exemplarisch mal ein paar Verwässerungsquoten von einigen SaaS Unternehmen, die wegen ihrer hohen SBC regelmäßig in der Kritik stehen:
Die Verwässerung beträgt bei den Unternehmen, die ich so beobachte, meist zwischen 1% und 5% pro Jahr. Wenn die Verwässerung deutlich darüber liegt, dann gibt es oftmals andere Ursachen für die Verwässerung, wie z.B. eine Akquisition, die (teilweise) in Aktien bezahlt wurde oder eine ausgegebene Wandelanleihe.
Auch in meinen Gesprächen mit anderen Profi-Investoren konnte ich nicht erkennen, dass diese den SBC besonders viel Aufmerksamkeit schenken. Immer vorausgesetzt, diese führen nicht zu einer größeren Verwässerung der Altaktionäre.
Ich kann mich auch an keinen Analysten Call erinnern, in dem SBC ein großes Thema gewesen wäre. Es geht da, wenn überhaupt, immer nur um die Verwässerung, sprich die Entwicklung der Anzahl ausgegebener Aktien.
Idealerweise kann ein High-Growth-Unternehmen aus einem positiven Cashflow bereits eigene Aktien zurückkaufen und so der Verwässerung durch die SBC erfolgreich entgegenwirken. Airbnb aus meinem Portfolio ist so ein Beispiel.
Noch eine Anmerkung zu den SBC: Einige Hobby-Analysten subtrahieren von dem nach GAAP ausgewiesenen Cashflow die SBC, um den aus Sicht der Aktionäre “echten” Cashflow zu erhalten. Ich mache das nicht. Denn beim Cashflow geht es zumindest für mich immer zuallererst um die Frage, ob bzw. inwieweit sich ein Unternehmen von innen heraus, also ohne die Zuführung von externem Kapital - finanzieren kann.
Fazit
Es ist wichtig zu verstehen, dass die SBC aus zwei Gründen für Aktionäre relevant sind: Einerseits reduzieren sie den Gewinn (nach GAAP) und andererseits führen sie zu einer Verwässerung der Aktionäre.
Meiner Meinung nach sollten Anleger vor allem den Verwässerungseffekt bei “Ihren” Unternehmen im Auge behalten. Relativ hohe SBC sind - für sich allein betrachtet - hingegen nicht unbedingt ein Warnsignal. Die SBC sind vielmehr für schnell wachsende Unternehmen ein hervorragendes Instrument, um sich möglichst schnell von innen heraus finanzieren zu können.
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