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Die Red Flags häufen sich. Jetzt Aktien Shorten?

Stefan Waldhauser

AI Aktien Red Flags

Ich weiß nicht, ob es am Amtsantritt von Donald Trump oder am bisherigen Verlauf der Berichtssaison liegt. Aber ich sehe in den letzten Tagen und Wochen immer mehr Red Flags, die mich zunehmend pessimistisch für die weitere Entwicklung vieler populärer Tech-Aktien stimmen.


Ich habe an dieser Stelle schon mehrfach vor der Blase gewarnt, die sich rund um KI gebildet hat. Ja es ist richtig, dass KI weit mehr als ein Hype ist und die Welt genauso nachhaltig verändern wird wie das Internet vor 25 Jahren. Aber so wie die Dotcom-Blase in der Ernüchterungsphase des Internet-Hypes geplatzt ist, so wird es auch diesmal sein.


Wie damals werden einige der First Mover, die heute als Vorzeigeunternehmen der KI gelten, in der Versenkung verschwinden. Nur die Älteren werden sich noch mit mir an den Netscape Navigator als weltweit führenden Browser oder Compuserve als weltweit größtes Online-Portal nach der Entstehung des Internet erinnern.


Ob OpenAI wie Netscape enden wird?


Die Aktien führender Netzwerk-Infrastrukturhersteller verloren damals nach dem Ende der Internet-Sonderkonjunktur mehr als 90% ihres Wertes. Auch wenn sie danach oftmals über Jahrzehnte hinweg durchaus wirtschaftlich erfolgreich waren.


Ob Nvidia ein ähnliches Schicksal erleidet wie damals Cisco?


Ich würde nicht dagegen wetten.


Hier ein paar Beobachtungen von weiteren Red Flags, die ich in der vergangenen Earnings Season Woche beobachten musste:


🚩 Überhöhte Infrastrukturinvestitionen der Cloud-Anbieter

Die Geschichte wiederholt sich. Wie zu Beginn des Internets investieren die Infrastrukturanbieter zu viel, weil sie die kurzfristige Nachfrage nicht befriedigen können und der langfristige Bedarf in der aktuellen Goldgräberstimmung zu hoch eingeschätzt wird. Alphabet schockierte die Investoren bei der Präsentation seiner Geschäftszahlen mit der Ankündigung, 2025 satte $75 Milliarden investieren zu wollen. Amazon setzte da noch einen drauf und will 2025 mehr als $100 Mrd. für CapEx ausgeben. Der Löwenanteil davon wird in den Ausbau neuer Rechenzentren fließen, um den Ressourcenhunger der KI-Anwendungen zu stillen.


Big Tech wird im KI-Zeitalter zunehmend zu einem kapitalintensiven Geschäft. Das drückt schon heute auf den Cashflow und wird mittelfristig durch immer höhere Abschreibungen auch immer stärker auf die Gewinne drücken. Die Abschreibungen bei Alphabet sind bereits 2024 um fast 30 Prozent gestiegen und werden ab 2025 noch schneller in die Höhe schießen. Der Finanzmarkt berücksichtigt bisher nicht, dass die Umsatzqualität von Big Tech durch KI aufgrund der höheren Kapitalintensität sinkt.


Die Bewertungen mit Cashflow-Multiples von über 30 sind für Big Tech viel zu hoch und wären nur zu rechtfertigen, wenn die Wachstumsraten, getrieben durch KI, wieder nachhaltig über 20% und die Bruttomargen wie bei guten SaaS Firmen auf 70-80% steigen würden. Das sehe ich weder bei Microsoft, noch bei Alphabet, Amazon oder gar Apple. All diese Aktien sind deshalb deutlich zu teuer.


🚩 Schwere Vorwürfe gegen Nvidia

Ich hatte letzte Woche öffentlich darüber nachgedacht, was DeepSeek wirklich für Tech-Aktien bedeutet.


Der dort thematisierte Nvidia Shortcase klingt für mich sehr überzeugend. Bestätigt wird das negative Bild durch den Bericht eines investigativen Journalisten, der festgestellt hat, dass trotz der US-Sanktionen Nvidia-Chips in großen Mengen auf asiatischen Handelsplattformen aufgetaucht sind. Es gab danach Hinweise darauf, dass Nvidia zusammen mit Unternehmen wie Supermicro (SMCI) über Drittanbieter und Drittstaaten (Singapur) illegale Exporte nach China und andere sanktionierte Länder ermöglicht haben könnte.


Der Verdacht, dass Nvidia und Partnerfirmen wissentlich an der Umgehung von Exportbeschränkungen beteiligt waren, wiegt schwer und wird auch von der Trump-Administration nicht ignoriert werden. Rund um die Zukunft von Nvidia braut sich meines Erachtens zumindest mittelfristig ein großer Sturm zusammen. Ich bin gespannt, ob die erwartet guten Zahlen für 2024/2025 darüber hinwegtäuschen können.


🚩 Die Hybris von Palantir

Der jüngste Earnings Call von Palantir war für mich schwer zu ertragen. Es wurden herausragende Zahlen für Q4 2024 verlesen, die fast zu schön waren, um wahr zu sein. Immer wieder wurde betont, dass man beim Rule of 40 Score einen sagenhaften Wert von über 80 erreicht habe. Kaum einer realisierte, dass von den hohen Cash Flows wegen absurd hoher Aktienvergütungen kaum ein Nettogewinn für die Aktionäre übrig blieb.


Konkurrenten und Kunden werden hier ebenso respektlos behandelt wie die Analystengemeinde. Friss oder Stirb. Für CEO Alex Karp sind alle Kritiker Ungläubige. Mit gesundem Selbstbewusstsein hat diese offen zur Schau gestellte Selbstüberschätzung nichts mehr zu tun. Die Palantir-Verantwortlichen wirkten auf mich während der Telefonkonferenz wie unter Drogen. Das Management wirkt auf mich unglaubwürdig. Kritische Fragen der Analysten wurden im Call gar nicht erst zugelassen.


Das Unternehmen wird von der Börse mit mehr als dem 85-fachen des Umsatzes bezahlt. Mit dem echten Wert des Unternehmens in der realen Welt hat das nichts mehr zu tun. Wohin das führt, haben wir in der Cloud-Blase bis 2021 gesehen. Der Absturz der Palantir-Aktie ist nur noch eine Frage der Zeit.


🚩 Das Bullshit Bingo von Tesla

Ebenso schwer zu ertragen ist für mich der Teilzeit-CEO von Tesla. Der ging beim letzten Earnings Call nicht einmal auf die schwachen Geschäftszahlen ein, sondern konterte diese mit der Aussicht auf das autonome Fahren (im Juni, in Austin, Texas, bei garantiert gutem Wetter ;-) und dem humanoiden Roboter Optimus.


Dass Tesla derzeit in vielen Märkten deutlich weniger Autos verkauft, scheint Elon nicht zu interessieren. Schon vor 9 Monaten hatte ich - damals nicht ganz ernst gemeint -spekuliert, ob Tesla aus der Produktion von E-Autos aussteigen könnte. Dieses absurde Szenario erscheint mir gar nicht mehr so abwegig.


Das wichtigste Zitat aus dem jüngsten Earnings Call von Elon Musk:

„There is a path where Tesla is worth more than the next top five companies combined.“

Aha… das wären dann also 14 Billionen Dollar - was noch einmal ein Tenbagger wäre bei einem heutigen Einstieg in Tesla. Mir sträuben sich die Nackenhaare, aber Massen von Investoren glauben tatsächlich nach wie vor alles, was der Menschenfänger Elon sagt.


🚩 Die Euphorie der Finfluencer

Dazu tragen auch die vielen reichweitenstarken Finfluencer bei, die Elons Botschaft unter ihren Followern verbreiten. Ich verstehe bis heute nicht, warum manche mit fast religiösem Eifer die Botschaften von Elon Musk und Alex Karp kritiklos verbreiten.


Ich weiß nur, dass diese Social Media Heerscharen von Kleinanlegern erreichen, deren Depots voll sind mit Aktien von Tesla, Palantir, Nvidia und Co. Meist bleiben die Klumpenrisiken unerkannt, viele Menschen dürfen sich über exorbitante Buchgewinne in ihren Depots freuen. Das geht genau so lange gut, bis die Blase platzt. Wie gewonnen, so zerronnen.


Ich kann gar nicht oft genug dazu raten, auch mal Gewinne mitzunehmen.


Kann man sich auf einen möglichen Crash vorbereiten?

Für mich stellt sich also einmal mehr die Frage, wie man sich als aufgeklärter Tech-Investor verhalten sollte, wenn man von einem Crash an den Aktienmärkten ausgeht. Denn seien wir ehrlich: Wenn Nvidia, Tesla, Palantir und Co. crashen, wenn Big Tech ernsthaft korrigiert, dann wird das die Aktienmärkte insgesamt erschüttern.


Ganz aus Aktien auszusteigen, kommt für mich nicht in Frage. Schon deshalb nicht, weil ich nicht wüsste, wie ich mein Vermögen langfristig besser anlegen könnte. Ich habe in meinen 35 Börsenjahren schon 3x mitansehen müssen, wie sich mein Aktiendepot im Wert halbierte und kann dennoch langfristig auf eine deutlich zweistellige Rendite zurückblicken.


Niemand kann sagen, wie weit dieser KI-Hype noch gehen wird. Das Timing eines Crashs ist fast unmöglich bzw. Glückssache. Nicht investiert zu sein war in der Vergangenheit meist ein Fehler.


Ich bereite mich daher mit den folgenden 4 Maßnahmen auf einen Tech Crash vor:


1. Valuation Matters

Die hoch gewichteten Titel in meinem Portfolio sind allesamt Werte, die nicht vom KI Hype profitiert haben und fundamental sehr fair bewertet sind. Zu diesen "High-Conviction-Buys" gehören Vimeo, IAC, PayPal, Warner Bros., LendingClub. Ich gehe davon aus, dass diese Werte bei einem breiten Crash höchstens kurzfristig leiden werden.


2. Gewinnmitnahmen

Aktien, die zu den sogenannten KI-Gewinnern gehören, habe ich bereits fast vollständig aus meinem Depot verbannt und hohe dreistellige Gewinne realisiert. Lediglich kleine Restpositionen von Arista Networks, Pure Storage und Alphabet halte ich noch im Portfolio.


3. Pulver trocken halten

Die Barreserve habe ich durch die Gewinnmitnahmen wieder auf rund 10% erhöht und werde sie bei Bedarf weiter aufstocken. Ich rechne damit, dass im Falle eines Crashes zunächst neben den KI Gewinnern auch hoch bewertete SaaS Companies abverkauft werden. In meinem Portfolio dürften sich dann Titel, die mit einem zweistelligen EV/Sales Verhältnis gehandelt werden (Duolingo, Monday, GitLab und Veeva) deutlich verbilligen.


In diesen Werten bleibe ich dennoch investiert, allerdings nur mit einer mittleren Gewichtung. Im Falle eines Crashs würde ich diese Titel mit Überzeugung nachkaufen. Denn ich bin überzeugt, dass diese Unternehmen mittel- und langfristig deutlich mehr wert sein werden als heute. Vorübergehende Kursschmerzen im Falle eines Markteinbruchs sind hier allerdings einzukalkulieren.


4. Crash-Kandidaten shorten

Vor einem Jahr habe ich in einem ersten Beitrag zum Shorten von Aktien erklärt, dass ich seit dem Tech-Crash 2022 erste Erfahrungen mit dem Leerverkauf von Aktien gesammelt habe.


Heute ist es an der Zeit, mich etwas ausführlicher dazu zu äußern: Bereits seit 2022 führe ich unter dem Usernamen @stwBoerse ein Long/Short Portfolio auf eToro, welches öffentlich einsehbar ist. Schaut man sich dieses Portfolio an, so fällt als erstes die Rendite von +200% auf, die ich mit einer Long/Short Strategie in den letzten zwei Jahren insgesamt erzielen konnte.


Bitte nehmt diese Performance-Zahl nicht zu ernst. Sie ist lediglich das positive Ergebnis meiner Tests der eToro-Handelsplattform. Diese Performance ist mit kleinem Geld unter Inkaufnahme eines erhöhten Risikos entstanden. Für die Zukunft ist eine solche Performance NICHT zu erwarten und unrealistisch.


In diesem eToro Long/Short Portfolio investiere ich neben meinen aus diesem Blog bekannten Long-Investment-Ideen auch - je nach Marktlage - in Short-Positionen von abstrus überbewerteten Aktien. Derzeit habe ich Palantir, Tesla, Nvidia und C3.AI leerverkauft.


Abschließend möchte ich eine Warnung wiederholen, die ich bereits in meinem ersten Beitrag zum Thema Leerverkauf von Aktien ausgesprochen habe:


Shorten von Aktien kann gefährlich sein

Ja, ich bin mittlerweile tatsächlich davon überzeugt, dass man als ERFAHRENER Marktteilnehmer (diese Einschränkung ist sehr wichtig) sein fundamentales Wissen über einzelne Aktien auch bei Überbewertungen erfolgreich am Kapitalmarkt einsetzen kann, um mit Leerverkäufen Geld zu verdienen.


Allerdings können die Instrumente des Leerverkaufs für unerfahrene Anleger sehr gefährlich sein. Das ist wie beim Autofahren: Es ist keine gute Idee, einem Fahranfänger einen Porsche in die Garage zu stellen. Auch wenn dieser noch so einfach zu fahren ist: Das Unfallrisiko ist für den Anfänger einfach höher als bei einem kleinen Kompaktwagen.


Bitte geht entsprechend vorsichtig an dieses sicherlich ebenso spannende wie potentiell lukrative Thema heran. Zahlreiche Statistiken zeigen, dass die meisten Privatanleger Geld verlieren, wenn sie auf fallende Kurse spekulieren. Ich bin nun also bei eToro angetreten, um für mich das Gegenteil zu beweisen.


Wir werden gemeinsam sehen, wie sich dieses Experiment langfristig entwickelt. Ich erwarte, dass mein Long/Short Portfolio in guten Börsenzeiten schlechter abschneidet als mein wikifolio oder die HGI Strategie bei der Plutos Vermögensverwaltung, während es in schlechten Börsenzeiten besser performen sollte.


Wenn Dich das Portfolio meiner Long/Short Strategie interessiert, dann kannst Du es hier bei eToro einsehen. In einem zukünftigen Blogbeitrag werde ich mal etwas näher erläutern, warum ich mich nach langer Evaluierung dafür entschieden habe, meine Long/Short Strategie ausgerechnet auf der eToro Plattform umzusetzen. Wer sich dafür interessiert, kann sich jetzt hier für meinen kostenlosen Newsletter anmelden, um garantiert nichts zu verpassen.


Disclaimer: Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen oder Unternehmen hält Short-Positionen auf Aktien von Tesla, Palantir, Nvidia und C3.AI (Stand 6.2.2025). Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen oder Unternehmen sind im Rahmen einer Affiliate-Partnerschaft und über das Popular Investors Programm mit eToro verbunden. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.






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