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Neue Strategie, neue Chancen? Was die PayPal Aktie jetzt für Anleger spannend macht

Stefan Waldhauser

Der PayPal-Riese wird saniert und modernisiert

Seit ziemlich genau 12 Monaten bin ich nun in der PayPal Aktie investiert. Damals hatte ich eine viel gelesene Investment Story unter dem Titel „PayPal - Der schlafende Riese erwacht“ hier auf dem Blog veröffentlicht.


Das Timing für den Einstieg im Frühjahr 2024 war gut: Die PayPal-Aktie stieg von März 2024 bis zum Tag von Trumps Amtseinführung am 20. Januar 2025 um mehr als 50%. Seitdem ist die PayPal Aktie jedoch stark zurückgekommen. In den ersten sechs Wochen der Trump-Administration verlor die Aktie wie viele andere US-Tech-Aktien 25%.

PayPal Aktienkursentwicklung

So blieb bei der mittlerweile übergewichteten PayPal Position in meinem wikifolio nur ein knapp zweistelliger Buchgewinn übrig. Wie gewonnen, so zerronnen!?


Es wäre sicherlich zu einfach, die erratische US-Politik allein für die Kursschwäche von PayPal verantwortlich zu machen. Denn neben den Trump-Dekreten gab es in den letzten Wochen auch einige neue Unternehmenszahlen zu verarbeiten.


Im Fokus dieser PayPal Aktienanalyse stehen daher PayPals Geschäftszahlen für 2024, die initiale Guidance für 2025 sowie die neuen langfristigen Ziele, die das Unternehmen auf einem Investorentag Ende Februar bekannt gegeben hat.


Die PayPal Geschäftszahlen 2024

Die wichtigsten PayPal Finanzergebnisse für 2024 im Vergleich zum Vorjahr sind:


  • Umsatz: PayPal Nettoumsatz stieg im Gesamtjahr 2024 um 7% auf 31,8 Mrd. US-Dollar, im Q4 stieg der Umsatz nur um 4%. Das klingt enttäuschend, muss aber im Zusammenhang mit der bewussten und frühzeitig angekündigten Entscheidung des (neuen) Managements gesehen werden, auf unprofitable Umsätze ab sofort zu verzichten und daher im B2B-Geschäft einige Verträge mit Händlern nicht zu verlängern. 



  • Betriebsergebnis: Das Betriebsergebnis nach GAAP stieg um 6% auf 5,3 Milliarden US-Dollar, was einer Umsatzrendite von 16,7% entspricht. Bereinigt u.a. um Restrukturierungsaufwendungen wuchs der operative Gewinn deutlich zweistellig um 14% auf $5,8 Mrd., was einer operativen Marge von 18,4% entspricht.


  • Gewinn pro Aktie: Der GAAP-Gewinn pro Aktie stieg nur um 4% auf 3,99 US-Dollar und enttäuschte damit die Erwartungen der Analysten. Der Non-GAAP-Gewinn pro Aktie stieg deutlich stärker um 21% auf 4,65 US-Dollar.

  • Free Cash Flow: Der für Growth-Investoren viel wichtigere Free Cash Flow stieg im Gesamtjahr um 60% auf 6,8 Milliarden US-Dollar. Der bereinigte Free Cash Flow betrug 6,6 Milliarden US-Dollar, ein Wachstum von 46 Prozent.


Profitables Wachstu bei PayPal

Diese Ergebnisse zeigen ein solides Wachstum in verschiedenen Schlüsselbereichen, insbesondere beim Umsatz und Free Cash Flow. PayPal ist es nach zwei rückläufigen Jahren in 2024 wieder gelungen, auf einen profitablen Wachstumskurs zurückzukehren. Das Unternehmen verbesserte auch seine Rentabilität mit einem höheren Non-GAAP-Betriebsergebnis und einem höheren Non-GAAP-Gewinn pro Aktie.


Dennoch verlor die Aktie nach der Veröffentlichung dieser Zahlen deutlich an Wert.


Kennzahlen zur Geschäftsentwicklung

  • Das PayPal-Zahlungsvolumen (TPV) stieg 2024 um 10% auf 1,68 Billionen US-Dollar. Im Q4 wurde ein TPV-Wachstum von 7% erreicht.


  • Zahlungstransaktionen: Die Zahl der Zahlungstransaktionen stieg im Gesamtjahr um 5% auf 26,3 Milliarden. Im Q4 ging diese Kennzahl um 3% zurück. Der Grund: PayPal hatte angekündigt, sich im Braintree-Geschäft mit Händlern auf profitable Transaktionen zu konzentrieren, auch wenn dies derzeit weniger Volumen auf der Plattform bedeutet.



  • Aktive Konten: Die Zahl der aktiven PayPal-Konten stieg 2024 um 2,1% auf 434 Millionen. Besonders wichtig ist, dass das Engagement der aktiven Kunden zunimmt. Konkret stieg die Anzahl der Transaktionen pro aktivem Konto um 4%.


Starke Bilanz ermöglicht Aktienrückkauf

Paypal hat Ende 2024 eine bärenstarke Bilanz vorgelegt. Den Cashreserven in Höhe von $15,4 Mrd. standen Schulden in Höhe von $11,1 Mrd. gegenüber. PayPal gab 6,0 Milliarden US-Dollar an seine Aktionäre zurück, indem das Unternehmen rund 92 Millionen Aktien zurückkaufte. Die Zahl der ausstehenden Aktien sank damit im Jahresverlauf um mehr als 7%.


Anzahl ausstehender Aktien von PayPal

Im Februar 2025 wurde ein neues Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 15 Milliarden US-Dollar angekündigt. Beim aktuellen Kurs von 70$ könnten damit rund 20% aller ausstehenden Aktien zurückgekauft werden.


Die Zahl der ausstehenden Aktien dürfte daher trotz branchenüblicher Aktienvergütungen ($1,2 Mrd. im Jahr 2024) auch in den kommenden Jahren deutlich sinken.


PayPal Guidance 2025

PayPal hat für das Geschäftsjahr 2025 kein Umsatzziel ausgegeben, sondern ein Mindestwachstum der Transaktionsmargendollars von mindestens 5% genannt.


Analysten erwarten wie im Q4 2024 ein Umsatzwachstum von 4%.


Der Gewinn pro Aktie soll im Jahr 2025 um 6-10% (Non-GAAP) steigen. Nach GAAP wird ein Gewinn pro Aktie von 4,80$ bis 4,95$ erwartet, was einer EPS-Steigerung von gut 20% entspricht. Zu dieser deutlichen Steigerung sollen - wie auch 2024 - die umfangreichen Aktienrückkäufe beitragen.


Der Free Cashflow soll mit 6-7 Milliarden US-Dollar auf dem Niveau von 2024 liegen, wobei fast der gesamte Cashflow (ca. 6 Mrd. $) über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurückfließen soll.


Die längerfristige Strategie von PayPal wurde auf einem Investorentag am 25. Februar 2024 vorgestellt. Hier die wichtigsten Ankündigungen und Erkenntnisse:


Die Einführung von PayPal Open

Die PayPal Plattform ist seit vielen Jahren ein Sammelsurium verschiedener Produkte und Technologien. Die zahlreichen zugekauften Produkte wurden nie richtig integriert. Von einer einheitlichen technologischen Plattform im eigentlichen Sinne kann nicht gesprochen werden. Auf der Konsumentenseite gibt es neben PayPal und Venmo noch den Geldtransferdienst Xoom. Auf der Händlerseite gibt es unter anderem Braintree, PPCP (PayPal Complete Payments), Zettle, u.v.m., die alle über unterschiedliche Backend-Systeme verfügen.


Ein einzelner Nutzer, der mehrere PayPal Produkte nutzt, ist bei PayPal über verschiedene Nutzerprofile registriert. Dies verhindert Synergien und verlangsamt die Innovation im Unternehmen. Erst die Vereinheitlichung der Benutzerprofile ermöglicht eine umfassende produktübergreifende Personalisierung der User Experience.


Das neue Management geht nun endlich die längst überfällige Konsolidierung an und entwickelt bis 2026 ein einziges offenes Backend namens „PayPal Open“. Auf dieser neuen Plattform sollen künftig alle Systeme gleichermaßen laufen.


Die Zusammenführung unterschiedlicher Dienste zu PayPal Open

Alle Produkte sollen künftig von Kunden und Partnern auf Basis einer einheitlichen API anprogrammiert werden können. Eigentlich sollte dies eine Selbstverständlichkeit für ein digitales Plattformunternehmen sein. Doch bei PayPal wurde diese Art von offener Technologie über viele Jahre vernachlässigt. Dies ist meiner Meinung nach der Hauptgrund dafür, dass jüngere und organisch gewachsene Wettbewerber (wie Stripe) PayPal Marktanteile im B2B-Geschäft abnehmen konnten.


Aber besser spät als nie. Das Management von PayPal hat die Schwächen erkannt und lässt derzeit im Rahmen von „PayPal Open“ die „PayPal Commerce API“ entwickeln. Diese wird von Anfang an Zugriff auf 80 Millionen Konsumentenprofile in den USA bieten.


Die Zwei-Marken-Strategie mit PayPal und Venmo

Alle Produkte - mit einer einzigen Ausnahme - werden künftig unter der Marke PayPal vertrieben. Akquirierte Marken wie Braintree, Zettle und Co. dürften damit früher oder später der Vergangenheit angehören.


Die erwähnte Ausnahme ist Venmo. Der in der Grundfunktion kostenlose P2P-Bezahldienst ist in den USA bei den Jüngeren unglaublich beliebt und hat 62 Mio. monatlich aktive Nutzer.


Die Marke Venmo ist cool und wird in USA zunehmend als Verb für das Versenden von Geld verwendet. Es ist daher sehr verständlich, dass sich das Management von PayPal für eine Zwei-Marken-Strategie entschieden hat. Venmo soll gezielt weiter ausgebaut werden, die große Venmo-Nutzerbasis soll durch Bezahldienste und eine Debitkarte deutlich besser als bisher monetarisiert werden.


Konkret sollen bis 2027 mehr als $2 Mrd. Umsatz mit Venmo erzielt werden. Das wäre dann ein immer noch bescheidener Umsatzanteil von 5-10%. Da stellt sich mir die Frage, ob sich der Aufwand für eine zweite Brand wirklich lohnt.


Der PayPal-Ausblick bis 2027

Das Management von PayPal hat auf dem Investorentag folgende mittelfristige Ziele bis 2027 kommuniziert:


  • Das über PayPal abgewickelte Zahlungsvolumen soll bis 2027 schneller wachsen als der E-Commerce-Sektor insgesamt.


  • Das Zahlungsvolumen soll bis 2027 um ca. 7-9% p.a. wachsen, obwohl bewusst auf margenschwache Umsätze verzichtet wird. Langfristig wird wieder ein zweistelliges Wachstum angestrebt.


  • Die operativen Kosten sollen weniger als halb so schnell wachsen wie das Zahlungsvolumen.


  • Der Gewinn pro Aktie (Non-GAAP) soll bis 2027 um mehr als 10% p.a. wachsen, danach wird ein Gewinnwachstum von mehr als 20% p.a. angestrebt.


  • Der Cashflow soll proportional zum Nettogewinn wachsen, 70-80% des FreeCashflows sollen vorzugsweise über Aktienrückkäufe an die Aktionäre zurückfließen.


Ich halte diese Ziele für ambitioniert, aber mit dem neuen Management und dem Fokus auf die Verbesserung der zugrundeliegenden Technologieplattform durchaus für realistisch.


Bewertung der PayPal-Aktie

Viele Analysten sind skeptisch, ob PayPal diese ehrgeizigen Ziele erreichen kann. Zu übermächtig erscheint vielen die immer stärker werdende Konkurrenz u.a. durch Apple Pay und Google Pay. Aufgrund der gemischten Analystenmeinungen ist die PayPal-Aktie im März 2025 wieder sehr günstig bewertet, zumindest wenn man wie ich den Cashflow-Multiple als primären Bewertungsmaßstab heranzieht.


Das Verhältnis von Free Cashflow zu Enterprise Value liegt bei einem Kurs von knapp $70 bei 10. Ich finde das sehr attraktiv, die PayPal-Aktie war in den letzten Jahren nur ein einziges Mal so günstig. Das war im August 2024, danach folgte eine 50% Rallye innerhalb von zwei Quartalen. Wird sich die Geschichte wiederholen?

Bewertung der PayPal Aktie

Ein Investment in die PayPal-Aktie zum jetzigen Zeitpunkt ist vor allem auch ein Investment in das neue Management-Team um Alex Chriss. Dieser hat aus meiner Sicht in seinem ersten Jahr als CEO von PayPal die richtigen Weichen gestellt. Ich bin sehr optimistisch, dass es ihm gelingen wird, die in die Jahre gekommene PayPal-Plattform so zu restrukturieren und modernisieren, dass Innovation und Wachstum zukünftig wieder möglich sind.


Ich bin davon überzeugt, dass die PayPal-Aktie mittel- bis langfristig wieder deutlich über 100 Dollar kosten wird. Allerdings müssen sich die Aktionäre wohl in Geduld üben. Es dauert einfach seine Zeit, einen solchen Giganten, der jahrelang wirklich schlecht geführt wurde, wieder auf einen profitablen Wachstumskurs zu bringen.


Wer PayPal auch in Zukunft mit mir im Auge behalten möchte, kann hier meinen kostenlosen Newsletter abonnieren.


Disclaimer: Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von PayPal. Diese PayPal Aktienanalyse Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.

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