Lyft Aktie: Übernahme von Freenow - Game-Changer oder Luftnummer?
- Stefan Waldhauser
- vor 33 Minuten
- 3 Min. Lesezeit

Seit einigen Monaten bin ich neben Uber auch in der Mobilitätsplattfom Lyft investiert. Das Unternehmen ist in Nordamerika der Hauptkonkurrent von Uber. Hier findest Du den Lyft Investment Case zum Nachlesen.

Lyft hatte sich seit seiner Gründung 2012 bis heute auf USA und Kanada beschränkt und nicht in die Internationalisierung außerhalb von Nordamerika investiert. Das ändert sich gerade, denn Lyft hat nun die Übernahme der europäischen Mobilitätsplattform Freenow für 175 Mio. Euro (ca. 197 Mio. USD) in bar angekündigt.
Was ist Freenow?
Freenow ist in neun europäischen Ländern aktiv (Deutschland, Großbritannien, Irland, Frankreich, Spanien, Italien, Polen, Griechenland und Österreich) und betreibt in über 150 Städten Mobilitätsdienste mit Schwerpunkt auf der Taxivermittlung. Die Übernahme der Freenow Plattform von den bisherigen Eigentümern BMW und Mercedes-Benz durch Lyft soll in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 abgeschlossen werden.
Die Übernahme verdoppelt Lyfts adressierbaren Markt nahezu auf über 300 Mrd. potenzielle Fahrten jährlich. Das annualisierte Bruttobuchungsvolumen (Gross Bookings) erhöht sich für Lyft damit allerdings nur um etwa 1 Mrd. , das entspricht einem anorganischen Wachstum von ca. 5%.
Da bisher keine genauen Umsatzzahlen für Freenow veröffentlicht wurden, lässt sich anhand der verfügbaren Informationen nur eine grobe Umsatzschätzung vornehmen. Basierend auf typischen Provisionssätzen von 15–25 % im europäischen Mobilitätsmarkt kann der Freenow Umsatz auf etwa 150-250 Mio. Euro geschätzt werden. Das Wachstum betrug zuletzt 13%, Freenow hat nach eigenen Angaben 2024 nach vielen verlustreichen Jahren die Gewinnzone erreicht.
Der Kaufpreis für Freenow von 175 Mio. Euro dürfte also in etwa dem einfachen Umsatz des Unternehmens entsprechen. Das erscheint mir nicht zu teuer für einen solch strategischen Kauf. Zum Vergleich (siehe hier): Das EV/Sales Verhältnis von Lyft beträgt beim aktuellen Aktienkurs von 11$ weniger als 0,7, während der Marktführer Uber mit einem EV/Sales Verhältnis von 3,5 viel höher bewertet wird.
Lyft CEO David Risher betonte, dass der Eintritt in den europäischen Markt ein entscheidender Meilenstein für die Zukunft von Lyft ist. Freenow ist der führende Anbieter im europäischen Taxigeschäft. Das Unternehmen verfügt über umfangreiche Expertise, etablierte Beziehungen zu den lokalen Regulierungsbehörden und Taxiunternehmen sowie moderne Flottenmanagement-Technologien. Lyft wiederum kann das bisherige Freenow Geschäftsmodell mit seiner hochentwickelten Marktplatz-Technologie und nutzerzentrierten Funktionen ergänzen.
Ich denke das es ein sehr kluger Schachzug von Lyft ist, in den stark lokal regulierten europäischen Markt durch die Übernahme eines etablierten internationalen Players einzutreten, anstatt mühsam einen einzelnen Markt nach dem anderen organisch angehen zu wollen.
Im Jahr 2024 entfielen rund 90% der Bruttobuchungen von Freenow auf das Taxisegment. Der Markt für Taxi-Aggregationsdienste in Europa hinkt dem nordamerikanischen Markt deutlich hinterher. Etwa die Hälfte aller Taxibuchungen erfolgt weiterhin offline. Freenow ist in Städten wie Berlin, London, Madrid, Hamburg und Athen der unangefochtene Marktführer.
Was hat Lyft mit Freenow vor?
Kurzfristig wird sich für Freenow-Kunden nichts ändern. Lyft will die in Europa gut etablierte Freenow-Brand weiterhin nutzen und zumindest bis auf weiteres beide Apps unterstützen. Es sollen bei Freenow neue Features für Fahrer und Fahrgäste eingeführt werden, die sich bei Lyft in Nordamerika bereits bewährt haben. Mittel- bis langfristig könnte meiner Einschätzung nach jedoch durchaus ein Rebranding anstehen und die Freenow-Marke verschwinden.
In jedem Fall sollen beide Apps miteinander integriert werden. Das heißt, Nutzer in Nordamerika und Europa können flexibel zwischen den Plattformen wechseln. So können europäische Freenow Kunden, die Nordamerika besuchen, dort Lyft-Fahrdienste in Anspruch nehmen und amerikanische Touristen oder Geschäftsreisenden sollen in Europa die Freenow Dienste über ihre Lyft App nutzen können.
Was bedeutet die Übernahme von Freenow für die Lyft Aktie?
Kurzfristig betrachtet ist die Bedeutung von Freenow für das Zahlenwerk von Lyft gering. Der Umsatzanteil dürfte ab 2026 im mittleren einstelligen Bereich liegen. Beim Gewinn erwarte ich ebenfalls keine großen Veränderungen gegenüber der bisherigen Planung. Den Freenow Kaufpreis hat Lyft in einem einzigen guten Quartal schon wieder an Cashflow verdient. Das Risiko dieser Übernahme hält sich für Lyft also in Grenzen.
Langfristig könnte sich aus dieser Übernahme eine großartige Investition für Lyft entwickeln. Der europäische Mobilitätsmarkt hinkt Nordamerika um etliche Jahre hinterher, dürfte in den kommenden Jahren von mehr Digitalisierung und (hoffentlich) weniger Regulierung profitieren und aufgrund von Aufholeffekten schneller wachsen als der US-Markt.
Lyft ist zukünftig nicht nur in 2 sondern gleich in 11 Ländern präsent. Als ein Grund für den deutlichen Bewertungsabschlag zum Marktführer Uber wurde von Analysten immer wieder die fehlende Internationalisierung genannt. Dieses Argument gegen die Lyft Aktie fällt nun weg.
Die internationale Präsenz macht Lyft in Zukunft auch interessanter für neue Partnerschaften mit Anbietern autonomer Fahrzeugtechnologie. Das wiederum könnte der Lyft-Aktie die bislang fehlende Fantasie einhauchen. Denn bislang gilt Lyft (zu Unrecht?) als Verlierer auf dem Weg in die neue Welt des autonomen Fahrens und wird deshalb sehr niedrig bewertet.
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Disclaimer: Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen Anteile von Uber und Lyft. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.