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Stefan Waldhauser

3 Wege an die Börse - was Du über IPO, Direct Listing und SPAC wissen musst



In den vergangenen Monaten hat das Interesse an Börsengängen kontinuierlich immer weiter zugenommen. Wöchentlich kommen derzeit insbesondere in USA neue Unternehmen an den Markt, viele von ihnen aus dem Technologie- oder Biotech-Sektor. Das IPO Fenster steht so weit offen wie seit Jahren nicht mehr und keiner weiß, wie lange der Markt so aufnahmefähig ist wie aktuell. Es herrscht Goldgräberstimmung.


Vor einigen Wochen habe ich in einem Beitrag zum IPO Hype bereits berichtet, wie ich mit IPO Aktien umgehe und warum ich in aller Regel mindestens 6 Monate warte, bevor ich solche Aktien kaufe.


Beim IPO-Prozess selbst gibt es inzwischen immer mehr Ausnahmen von der Regel, d.h. längst nicht alle Börsengänge finden anno 2020 nach dem klassischen IPO Muster statt. Immer mehr Börsenkandidaten wählen stattdessen den Weg eines sogenannten Direct Listings oder aber die Fusion mit einer SPAC (Special Purpose Acquisition Company).


Du hast keine Ahnung wo der Unterschied liegt und was das alles für die IPO-Kandidaten bedeutet?


Mit diesem Beitrag will ich versuchen, zu diesen Themen etwas Licht ins Dunkel zu bringen.


1. Der klassische IPO



Wie der Name schon sagt, ist ein klassischer IPO = Initial Public Offering das erste öffentliche Angebot von Aktien eines Unternehmens im Rahmen der Eigenkapitalbeschaffung. Es handelt sich grundsätzlich um eine Kapitalerhöhung des an die Börse strebenden Unternehmens.


Das oberste Ziel eines solchen klassischen Börsengangs ist der Verkauf von Aktien in der Öffentlichkeit, um die eigene Kasse aufzufüllen. Meist wird dieses frische Kapital benötigt, um Wachstum zu finanzieren und das eigene Geschäft mit entsprechenden Investitionen voranbringen zu können.


Ich habe in meiner Zeit in der Softwareindustrie einmal in der Praxis erfahren dürfen, was die Mindestanforderungen sind, um einen klassischen IPO an der NASDAQ anzugehen. Damals habe ich gelernt, dass man als Unternehmen u.a. einen Umsatz von $100 Mio. und gleichzeitig eine organische Wachstumsrate von mindestens 30% benötigt, um die Börsenreife zu erreichen, d.h. eine Investmentbank als Underwriter zu finden, die für den IPO garantiert und im Rahmen einer Road-Show mithilft, genügend Investoren zu begeistern.


Das sind ganz schön hohe Herausforderungen kann ich Euch sagen. Ich habe höchsten Respekt vor allen Unternehmern, die diese Hürden überspringen und ihren IPO an NASDAQ oder NYSE feiern dürfen.


In Europa hängen die Messlatten für einen IPO längst nicht so hoch. Wahrscheinlich ist das auch der Grund warum hierzulande immer wieder auch sehr kleine Firmen an die Börse kommen, die dort nach meiner Einschätzung nichts verloren haben und lieber andere Wege der außerbörslichen Finanzierung gehen sollten.


In früheren Zeiten war der Weg an die Börse automatisch verbunden mit einem großen Geschäft für die beteiligten Banken als Underwriter. Ich hatte ich in meinem letzten Beitrag zum Thema IPO bereits etwas genauer beschrieben, auf welche Weise Banken an IPOs fürstlich verdienen.


2. Das Direct Listing (DPO)



In den letzten Jahren gab es für junge Wachstumsunternehmen in USA auch vorbörslich immer mehr Möglichkeiten, sehr große Summen an Eigenkapital zu guten Konditionen (sprich einer hohen Bewertung) bei Risikokapitalgebern (VCs) und anderen Investoren einzusammeln.


Noch vor wenigen Jahren war es die absolute Ausnahme, wenn ein vorbörsliches StartUp eine Bewertung von $1 Mrd. erreichte. Mittlerweile ist The Global Unicorn Club auf 488 Einhörner angewachsen. Mehr als 25 Startups bringen sogar mehr als $10 Mrd. auf die Waage, bevor diese „Decacorns“ an die Börse streben.


Diese großen außerbörslichen Finanzierungsrunden haben zur Folge, dass etliche Startups so gut finanziert sind, dass sie zum Börsengang gar kein neues Kapital einsammeln müssen.


Dennoch gibt es für die vorbörslichen Aktionäre gute Gründe, eine Börsennotierung anzustreben und damit die Handelbarkeit der Aktien sicherzustellen:


  • Die beteiligten VCs wollen spätestens nach etwa 10-12 Jahren wieder aussteigen.

  • Gründer sowie frühe Mitarbeiter benötigen eine Möglichkeit, ihre Aktien bzw. Aktienoptionen (Stock Options) zu versilbern.

  • Eine Börsennotierung, also der Wechsel von einer "Private Company" zu einer "Public Company“ ist zumindest in den USA immer noch ein Ritterschlag, der gut für die Bekanntheit und das Image eines Unternehmens am Markt ist.


Firmen, die zum Börsenstart keine Kapitalerhöhung anstreben, haben die Option anstelle eines klassischen IPO Prozesses ihre bestehenden Aktien im Rahmen eines Direct Listings (auch DPO = Direct Public Offering genannt) ohne Beteiligung eines Underwriters an der Börse notieren zu lassen. In diesem Fall werden grundsätzlich keine neuen Aktien ausgegeben, stattdessen wird nur die Handelsaufnahme der bestehenden Aktien an einer öffentlichen Börse ermöglicht.


Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen einem Direct Listing und einem klassischen IPO ist die Haltefrist (Lock Up Period) für die Altaktionäre. Während sich die Altaktionäre bei einem IPO in aller Regel verpflichten müssen, ihre Aktien mindestens 6 Monaten nach dem IPO zu halten, gibt es eine solche Sperrfrist bei einem Direct Listing nicht. Der Kurs kann also durchaus schon kurz nach der Notierungsaufnahme unter Druck geraten, falls es viele verkaufswillige Altaktionäre gibt.


Die Kosten für ein Direct Listing betragen Brancheninsidern zufolge nur einen Bruchteil der Kosten für einen klassischen IPO. Es gibt also gute Gründe dafür, diesen noch relativ neuen Weg an die Börse zu beschreiten.


Die ersten Unternehmen, die diesen Weg des Direct Listings - zum Leidwesen der Investmentbanken - gegangen sind waren 2018 Spotify und 2019 Slack. Gerade in den letzten Wochen gab es zwei weitere interessante Direct Listings von Palantir und Asana.


Wenn Du Dich intensiver mit den Besonderheiten eines Direct Listings auseinandersetzen willst, dann kann ich Dir diesen Blog von Andreessen Horowitz empfehlen.


3. Fusion mit einer SPAC


Es gibt noch einen dritten Weg an die Börse, der gerade in 2020 in USA sehr populär geworden ist und aktuell einen regelrechten Boom erlebt: Die Fusion mit einer SPAC (Special Purpose Acquisition Company). Nicht ganz zu Unrecht wird dieser Prozess ganz gerne auch als Börsengang durch die Hintertür bezeichnet.


Was ist eine SPAC?


Eine SPAC ist eine „leere“ Aktiengesellschaft ohne operatives Geschäft, die zunächst mal Kapital über einen IPO einsammelt, um das Geld in die Übernahme eines meist noch unbekannten Unternehmens zu investieren. D.h. Investoren kaufen bei einer Beteiligung an einem solchen „Blankoscheck-Unternehmen" tatsächlich sozusagen die Katze im Sack.


Warum tun sie das?


Ein Investment in eine SPAC ist in erster Linie ein Investment in die Deal-Maker-Fähigkeiten der Personen, die hinter der Gesellschaft stehen. Und es ist in USA in den Kreisen besonders profilierter Unternehmer und Investoren gerade hip, solche Blankoscheck-Unternehmen zu launchen.


Der LinkedIn Gründer Reid Hoffmann, der Hedgefonds-Manager Bill Ackman und auch der russische Oligarch Ivan Tavrin gehören zu dem illustren Kreis derjenigen, die für ihre SPACs hunderte von Millionen oder gar einige Milliarden eingesammelt haben. Der frühere Facebook-Manager Chamath Palihapitiya gründet solche SPACs inzwischen sogar reihenweise und ist regelrecht auf der Jagd nach Tech-Firmen, denen er durch die Hintertür an die Börse verhelfen will.


2020 sind gemäß den Zahlen von SPACInsider bereits Investorengelder von mehr als $53 Mrd. in die Kassen von 138 SPACs gewandert. Das Volumen hat sich damit gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2019 schon annähernd vervierfacht. So sehen Hypes aus…


Quelle: SPACInsider


All diese SPACs sind zunächst mal auf der Suche nach einem Unternehmen, das sie mit ihrem Geld übernehmen und so an die Börse bringen können. Dafür haben sie in der Regel 2 Jahre Zeit. Finden sie in dieser Zeit kein geeignetes Unternehmen, so erhalten die Investoren ihr Geld zurück.


Mit dem Raumfahrtunternehmen Virgin Galactic von Richard Branson und dem skandalumwitterten Nikola Motors haben schon sehr illustre Unternehmen diesen Weg durch die Hintertür an die Börse gewählt. Alleine die via SPAC erfolgten Börsengänge diverser Unternehmen im Umfeld der Elektromobilität bzw. Fahrzeugtechnologien wie zuletzt Luminar waren über $10 Mrd. schwer.


Für all diese Unternehmen war die Fusion mit einer SPAC eine Möglichkeit, schnell und diskret bei flexiblen Verhandlungen der Konditionen an die Börse zu kommen.


Was das für die Qualität dieser Unternehmen bedeutet?


Ein Schelm wer Böses dabei denkt… ein Qualitätssiegel ist ein solcher Börsengang durch die Hintertür für mich jedenfalls nicht gerade.


Fazit


Unternehmen verfügen mittlerweile mit IPO, Direct Listing und der Fusion mit einer SPAC über gleich drei sehr unterschiedliche Wege für einen Gang an die Börse.


Gerade in den letzten Wochen und Monaten haben es etliche neu gelistete Companies auf meine Watchlist geschafft.


In den kommenden Wochen werde ich einige der hierzulande noch wenig bekannten Börsenneulinge hier im Blog vorstellen. Wenn Du garantiert nichts verpassen willst, dann kannst Du jetzt hier meinen kostenlosen Newsletter abonnieren.


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