IAC Aktie: Das 10. Spin-Off steht bevor
Dieser Beitrag ist das Update eines erstmals im Mai 2023 veröffentlichten Beitrags. Er wurde erweitert und aktualisiert nach dem Bericht zum Q3 2024 am 12.11.2024.
Die Internetholding IAC ist seit langer Zeit eine der übergewichteten Aktien in meinem investierbaren Musterportfolio. Leider hatten IAC-Aktionäre in den vergangenen Jahren wenig Freude an ihrem Investment. Auch meine IAC Position liegt 30% im Minus und ist damit ein "Sorgenkind" im Depot, welches ich besonders intensiv beobachte.
Hier daher ein weiteres Update zur IAC Aktie. Diese notiert nach den Q3 2024 Zahlen bei gut 50$, das bedeutet bei 84,4 Mio. Aktien eine Marktkapitalisierung von $4,3 Mrd.
Bei einer Holdinggesellschaft wie IAC bietet es sich an, den fairen Wert mittels einer Sum-Of-The-Parts Analyse abzuschätzen. Glücklicherweise ist das im Falle IAC recht einfach möglich, denn im Portfolio der IAC gibt es zwei wesentliche börsennotierte Beteiligungen, deren aktueller Preis täglich aufs neue vom Finanzmarkt bestimmt wird: Die IAC hält 21,8% (64,7 Mio. Aktien) am Casino- und Unterhaltungskonzern MGM Resorts und 85,3% (425,6 Mio. Aktien) an der Handwerkerplattform ANGI Homeservices.
Angi Homeservices
Die wichtigste IAC Nachricht nach dem 3. Quartal 2024 war, dass man für 2025 den Spin-Off der Handwerker-Plattform Angi plant. Damit wäre Angi das 10. Unternehmen, das in den vergangenen 20 Jahren aus dem IAC Portfolio in die Unabhängigkeit entlassen und an die IAC Aktionäre ausgekehrt wird.
Konkret bedeuten diese Planungen, dass die IAC Aktionäre für jede IAC Aktie ca. 5 ANGI-Aktien in ihre Depots eingebucht bekommen. Man muss sich das wie eine Sachdividende in Form eines Unternehmensanteils vorstellen.
Die AngiAktie ist nach Bekanntgabe der Spin-Off Pläne zunächst mal um 20% abgesackt, offenbar sehen die Aktionäre die Unabhängigkeit nicht gerade positiv. Damit kostet die Angi Aktie nur noch ca. 2,00$, d.h. diese "Sonderdividende" ist ca. 10$ pro IAC Aktie wert, das sind also 20% der IAC Aktie.
Es ist klar, dass eine solche Abspaltung an sich keinen Mehrwert schafft. Theoretisch müsste die IAC-Aktie nach der Transaktion entsprechend weniger wert sein. Allerdings kann man als IAC-Aktionär berechtigte Hoffnung haben, dass die Unterbewertung der IAC dann noch deutlicher auffällt und der "Dividendenabschlag" nicht so hoch ausfällt wie der Wert der zugeteilten Angi-Aktien.
Was bekommt man als IAC Aktionär denn mit Angi ins Portfolio gespült?
Der Blick auf den Angi Kurschart stimmt nicht gerade euphorisch:
Bei der seit 2017 innerhalb der IAC entwickelten Handwerker-Plattform Angi gab es neben vielen anderen Herausforderungen in den vergangenen Jahren ein hausgemachtes Führungsproblem. Der IAC CEO Joey Levin übernahm 2022 bis Anfang 2024 selbst das Ruder und trieb die Sanierung des seit Jahren unprofitablen Unternehmens voran.
Seine Vorgänger hatten das Angi Geschäft zu sehr auf Umsatzwachstum ausgerichtet und dabei kein nachhaltig profitables Geschäftsmodell geschaffen. Das wird aktuell korrigiert. Angi schrumpft sich gesund, indem nicht profitable Geschäftseinheiten aufgegeben und Marketing-Budgets gekürzt werden.
Das geht natürlich auf Kosten des Angi Umsatzes. Der sank in 2023 um 28% auf nur noch knapp $1,4 Mrd. Der Cashflow war bereits positiv. Für 2024 wird nach der Sanierung nur noch max. $1,2 Mrd. Umsatz, aber ein deutlich verbessertes Ergebnis von $130-150 Mio. EBITDA (adjusted) erwartet.
Angi steht damit wieder auf stabilen Füßen und hat ein profitables Geschäftsmodell, das sich zukünftig auch wieder unterm Strich mit einem positiven Jahresüberschuss zeigen wird.
Die Börse hat die Sanierungsbemühungen bei Angi bisher nicht nachhaltig belohnt, das Unternehmen wird in etwa zum einfachen des Umsatzes gehandelt. Die insgesamt 500 Mio. Angi Aktien werden bei einem Angi Aktienkurses von ca. 2$ aktuell mit einer Marktkapitalisierung von $1 Mrd. bewertet. Der Enterprise Value liegt nur wenig darüber.
Dabei wird von den Investoren völlig ignoriert, dass Angi in den vergangenen Jahren in USA eine marktführende Stellung erobert hat: Jeder siebte US-Haushalt nutzt die Angi Plattform pro Jahr, um einen der dort aktiven ca. 200.000 Handwerker zu suchen oder zu beauftragen.
Ich bin sehr gespannt wie sich Angi unter dem seit April 2024 amtierenden CEO Jeff Kip mittelfristig weiterentwickelt. Jeff ist ein Urgestein bei IAC, war dort schon als Gesamt-CFO tätig und war zudem jahrelang für das internationale Geschäft von ANGI verantwortlich, das sich in dieser Zeit deutlich besser entwickelte als das US-Geschäft.
Ich freue mich darauf, demnächst direkt an Angi beteiligt zu sein. Auch wenn ich jetzt schon davor warnen möchte, dass der Angi Kurs nach dem Spin-Off zunächst mal weiter unter Druck geraten könnte, da viele IAC Aktionäre die Aktie verkaufen werden, um ihre Sonderdividende zu versilbern.
MGM
IAC hat in der Corona Krise zwischen 2020 und 2022 ca. $1,3 Mrd. in MGM investiert und ist damit dort seitdem mit 64,7 Mio. Aktien der größte Aktionär. Bei einem MGM Kurs von 37$ ist der Anteil der IAC inzwischen ca. $2,4 Mrd. wert.
Mehr als die Hälfte der aktuellen IAC Marktkapitalisierung ist also alleine durch MGM Aktien abgedeckt. Bemerkenswert ist, dass der Anteil der IAC an MGM derzeit stetig anwächst, weil MGM im großen Stil Aktien zurückkauft. Durch den Aktienrückkauf bei MGM ist der Anteil der IAC auf 21,8% angestiegen. In den vergangenen 3 Jahren sank die Anzahl ausstehender Aktien bei MGM um weit über 30%.
Ich bin sehr gespannt, welche Ziele die IAC mit der MGM-Beteiligung mittel- und langfristig verfolgt. Denn eigentlich passt eine solche Minderheitsbeteiligung nicht zur seit 30 Jahren bewährten Strategie der IAC. Die sieht eigentlich vor, Mehrheitsbeteiligungen an angeschlagenen Online-Companies zu erwerben, diese weiterzuentwickeln und dann wieder zu verkaufen oder idealerweise via Spin-Off an die Aktionäre zu übergeben.
Das IAC Management hat sich zu seinen Plänen mit MGM bisher sehr bedeckt gehalten und verweist immer wieder auf das große Potential, das man insbesondere für das Online-Business BetMGM sieht.
Die Bewertung der IAC Aktie
Die Marktkapitalisierung der IAC Holding beträgt bei einem Kurs von 51$ und 84,4 Mio. ausstehenden Aktien ca. $4,3 Mrd.
Wenn man die börsennotierten Beteiligungen MGM und ANGI aus der Marktkapitalisierung der IAC herausrechnet und außerdem die auf $1,1 Mrd. angewachsene Cash-Position berücksichtigt (auf Holding-Ebene, die Cash- und Schuldenpositionen der konsolidierten Töchter sind hier herausgenommen), dann ergibt sich für den Rest des IAC Portfolios ein Wert unter 0.
Nimmt man Angi nun wie beabsichtigt im Laufe von 2025 aus dieser Rechnung heraus, so wird sich - gleichbleibende Kurse vorausgesetzt - nach dem Spin-Off herausstellen, dass der Wert der zukünftigen IAC Aktie (Ex-ANGI) schon durch die MGM Beteiligung und die Barreserven komplett abgedeckt ist.
Das bedeutet, die gesamten nicht börsennotierten Assets aus dem IAC Portfolio gibt es beim Kauf der IAC Aktie als Beigabe kostenlos dazu.
Was man als IAC Aktionär zusätzlich obendrauf bekommt?
Hier ein aktualisierter Überblick:
Dotdash Meredith
Die Übernahme des traditionsreichen Verlagshauses Meredith durch den Online-Publisher Dotdash aus dem Portfolio der IAC ist nun 3 Jahre her. Natürlich war dieser Milliarden-Deal der IAC zumindest vom Timing her sehr unglücklich. Das Meredith Geschäft mit $2 Mrd. Umsatz wurde damals für $2,7 Mrd. (das 7,5 fache des EBITDA) in bar übernommen.
Damals sah das für die meisten Beobachter (einschliesslich mich) wie ein Schnäppchen aus. Heute muss man feststellen, dass es gar nicht so einfach ist, einen vom Umsatz her 10mal größeren Tanker aus der Old Economy in ein modernes Schnellboot zu integrieren. ;-)
Aber im Ernst: Zunächst hatte man sich bei Dotdash einen zu ambitionierten Zeitplan für die Integration vorgenommen. Es dauerte viel länger als geplant, die veralteten Online-Auftritte der großen Meredith Sites auf die Dotdash Plattform zu migrieren und einer vernünftigen Vermarktung zuzuführen.
Dann kam 2023 die Schwäche des Online-Werbemarktes hinzu, die besonders unabhängige Online-Publisher wie Dotdash Meredith traf.
All dieser Gegenwind führte dazu, dass IAC den ursprünglichen Business Plan für Dotdash Meredith, der $450 Mio. EBITDA für 2023 vorsah, einkassieren musste. Letztlich wurde nur $223 Mio. erreicht. In 2024 kommt man mit der Restrukturierung deutlich voran, das EBITDA soll (nach Restrukturierungsaufwendungen) bei gut $300 Mio. landen, das wären immerhin 35% mehr als 2023.
Die ehemaligen Ziele sind also nach wie vor in weiter Ferne. Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels: Die digitale Transformation des Publishers kommt gut voran, der digitale Werbeumsatz ist inzwischen deutlich größer als das schrumpfende Printgeschäft. Das digitale Geschäft wuchs im Q3 um 16%.
Ich würde den Wert von DotDash Meredith heute mit dem 7,5-fachen EBITDA, d.h. mit mindestens $2,2 Mrd. ansetzen. Zwar sind die Bewertungen für Medienunternehmen in den vergangenen Jahren seit der Übernahme deutlich gesunken, aber die Umsatzqualität ist seit dem Merger deutlich gestiegen.
Turo
Die IAC ist der mit Abstand größte Anteilseigner beim weltgrößten Car-Sharing-Marktplatz Turo und hält derzeit 32% des Unternehmens. Der weltgrößte Car-Sharing-Marktplatz wird laut Unternehmensangaben von 3,5 Mio. Menschen aktiv genutzt. 360.000 Fahrzeuge stehen auf der "Airbnb für Autos" Plattform zur Verfügung.
Zuletzt hat IAC eine vor Jahren ausgehandelte Option ausgeübt und seinen Anteil zu einer Bewertung von 2 Milliarden Dollar aufgestockt. Turo bereitet seit einiger Zeit den eigenen Börsengang vor, die Details sind im Turo Emissionsprospekt nachzulesen.
Die Bewertung von Turo dürfte in einem einigermaßen freundlichen Börsenumfeld angesichts eines Umsatzes von knapp $1 Mrd., zweistelligem Wachstum und bereits erreichter Profitabilität bei über $3 Mrd. liegen.
Der IAC-Anteil wäre damit wohl mindestens $1 Mrd. wert. Die deutliche Unterbewertung von IAC könnte endlich wieder in den Fokus der Investoren rücken, wenn der Wert der Turo-Beteiligung im Rahmen eines IPO offengelegt würde.
Sollte das IPO-Fenster für Turo jedoch weiterhin verschlossen bleiben, so wäre ein Verkauf des Unternehmens durchaus denkbar. In der Uber Investment Story hatte ich gute Argumente dafür gefunden, warum Uber als strategischer Käufer in Frage kommen könnte.
Care
Die Pflege-Plattform Care generierte 2023 ca. $375 Mio. Umsatz, wächst nur noch schwach (3% gegenüber Vorjahr) und ist profitabel. Was auch immer das genau bedeutet, genaue Zahlen wurden bisher leider nicht veröffentlicht. Das wird sich ab dem kommenden Q4 2024 ändern. Denn ab dem nächsten Quartal wird sich die IAC bei Care genauer in die Karten schauen lassen und als eigenes Segment in die Berichterstattung aufnehmen.
Die IAC hatte bei der Übernahme Anfang 2020 für Care $500 Mio. bezahlt und den Umsatz seither um mehr als 70% gesteigert. Ich würde mal konservativ aufgrund der gefallenen Bewertungen für solche Internetwerte weiterhin einen Wert von $500 Mio. ansetzen, das entspricht dem Einstandspreis vor 4 Jahren und ist weniger als das 1,5-fache des Umsatzes.
Sonstiges
Die IAC besitzt 75% an Vivian Health, das ist eine auf den US Gesundheitsmarkt spezialisierte Online-Personalvermittlung für Pflegeberufe mit über 1 Mio. registrierten Benutzern. Das Unternehmen wurde in einer $60 Mio. schweren Finanzierungsrunde im April 2022 zu $400 Mio. bewertet.
Im Laufe von 2023 ist das stürmische Wachstum von 51% im Q1 bis auf 25% im Q4 (jeweils gegenüber Vorjahr) abgeflacht. Die Bewertungen solcher Companies sind in den vergangenen 2 Jahren deutlich zurückgegangen.
Im IAC Portfolio befinden sich einige weitere Assets wie das schrumpfende Search Business. Dazu kommt ein in der Höhe nach unbekannter Anteil am Personaldienstleister EmployBridge (aus dem Verkauf von Bluecrew).
Mangels besseren Wissens nehme ich für diese Assets insgesamt einen Wert von $200 Mio. an.
Damit ergibt sich folgende Schätzung für den fairen Wert der nicht börsennotierten Assets der IAC:
Quelle: Eigene Schätzungen des Autors
Diese $3,9 Mrd. bedeuten angesichts von ca. 84,4 Mio. ausstehenden IAC Aktien eine Unterbewertung von 46$ für die IAC Aktie.
Fazit
Nicht nur wir IAC Aktionäre sind frustriert, dass der Kapitalmarkt die IAC Holding seit geraumer Zeit nicht mehr ausreichend wertschätzt. Dem Management Team geht es nicht anders.
Als IAC Aktionär bekommt man mit dem Kauf der IAC Aktie ein ganzes Portfolio nicht börsennotierter Assets "geschenkt", für das ich nach bestem Wissen und Gewissen einen Wert von 46$ pro Aktie schätze. Ich habe den Eindruck, der geplante Spin-Off von ANGI wird auch deswegen zum jetzigen Zeitpunkt initiiert, um Komplexität in der Konzernstruktur zu reduzieren und damit dieses "geschenkte" Portfolio noch deutlicher herauszustellen.
Ich fühle mich nach dem Q3 2024 Bericht bestätigt in meiner Einschätzung der deutlichen Unterbewertung der IAC Aktie. Diese verbleibt voller Überzeugung auch in den kommenden Monaten hoch gewichtet im High-Tech Stock Picking wikifolio. Ich habe die IAC Position zuletzt sogar nochmals etwas aufgestockt.
Anleger brauchen hier wieder einmal viel Geduld. Aber ich bin optimistisch, dass 2025 mit einem ANGI Spin-Off und einem IPO oder Exit von Turo die Börse auch diese Fehlbewertung entdecken und korrigieren wird. Die anschließende Neubewertung kann sehr schnell gehen, wie wir in den letzten Wochen bei der Vimeo Aktie gesehen haben, die nach dem Bericht zum Q3 2024 in nur einer Woche um ca. 50% zugelegte.
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Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzt Anteile von IAC und Vimeo. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.