Fastly Aktie: Der Fallen Angel ist nun ein Übernahmekandidat
Die Fastly Aktie ist ein klassischer “Fallen Angel”. So nennt man Aktien, die von breiten Anlegerkreisen erst hochgejubelt, dann gnadenlos fallen gelassen werden und entsprechende Kursverluste zu verzeichnen haben.
Ich schaue ich mir gerne solche Unternehmen näher an, denn immer wieder habe ich festgestellt, dass nach einem Hype um eine Aktie in der nächsten Abwärtsbewegung ebenfalls eine Übertreibung - dann nach unten - erfolgt. So habe ich den ein oder anderen “Fallen Angel” schon weit unter seinem fairen Wert einsammeln können.
Die Fastly Aktie hatte sich als Corona-Gewinner von März 2020 bis Oktober 2020 um 800% verteuert, nach einem ersten Absturz im Februar nochmals Kurse weit über 100$ erreicht und ist aktuell um mehr als 50% unter ihren Höchstkurse zu haben.
Ein tief gefallener Krus aber reicht natürlich nicht aus für ein Investment. Es geht immer um die Einschätzung des fairen Wertes einer Aktie bzw eines Unternehmens - und zwar außerhalb der Börse.
Ich hatte schon im Mai im Rahmen meiner Zusammenfassung der Q1 Zahlen über die Herausforderungen bei Fastly berichtet. Das größte Problem sah ich damals im laufenden Umbau des Management Teams. Nachdem der Gründer bereits vor einem Jahr als CEO abgelöst wurde, wird nun auch der CFO ausgetauscht.
Der neue CFO ist ein Dealmaker
Als neuer Finanzchef wurde bei Fastly nun Ron Kisling berufen. Wie immer in solchen Fällen lohnt es sich, einmal den Lebenslauf dieses Managers etwas genauer anzusehen:
Ron Kisling ist ein in der Softwareindustrie sehr erfahrener Finanzmanager, der in den letzten 22 Jahren bei 6 Companies als CFO oder VP Finance beschäftigt war. Es fällt auf, dass er abgesehen von seinen letzten 7 Jahren bei Fitbit zahlreiche Stationen hatte, bei denen er jeweils nur 3 Jahre im Amt war.
Solches Job-Hopping ist im Silicon Valley nicht ungewöhnlich und ist keinesfalls als negativ anzusehen. Wenn man sich einige berufliche Stationen von Kisling noch etwas genauer ansieht, dann fällt auf, dass sein Engagement dort stets mit dem Verkauf seines Arbeitgebers endete:
Portal Software : Beschäftigt 2004 - 2006, wurde von Oracle in 2006 übernommen
PGP Corp: Beschäftigt 2007 - 2010, wurde von Symantec in 2010 übernommen
Fitbit: Beschäftigt 2014 - 2021, wurde 2021 von Google übernommen
Auch die anderen Arbeitgeber von Ron Kisling wie Saba Software, SPL WorldGroup und Nanometrics verloren im Laufe der Zeit ihre Unabhängigkeit durch Akquisitionen, in diesem Fall allerdings erst nach seinem Abgang.
D.h. jeder bisherige Arbeitgeber von Ron Kisling wurde verkauft. Man kann wohl tatsächlich davon ausgehen, dass er in der Branche so etwas wie ein “Dealmaker” ist, der seine Unternehmen gezielt auf eine mögliche Akquisition vorbereitet. Ich gehe daher ab sofort davon aus, dass Fastly in einigen Jahren nicht mehr unabhängig sein wird.
Fastly als Übernahmeziel
Nun stellen sich zwei Fragen: Wer könnten mögliche strategische Käufer sein und welchen Preis könnten diese in z.B. 3 Jahren für Fastly bezahlen?
Kisling hat in seiner Vergangenheit mit Erfolg bereits Deals mit Oracle, Symantec und Google eingefädelt oder zumindest die Akquisitionen und Integrationen begleitet. Ein großer Tech-Player als Käufer erscheint mir auch aufgrund der hohen Bewertung von Fastly wahrscheinlicher als ein Finanzinvestor aus dem Private Equity Sektor.
Meiner Meinung nach müssten die großen Public Cloud Provider allesamt ein Interesse daran haben, auch das Thema Edge Computing mit ihren Services abzudecken. Das würde für eine Integration der Fastly Technologie in Amazon Web Services, Microsoft Azure oder die Google Cloud Plattform (GCP) sprechen.
Wenn ich heute auf einen Käufer wetten müsste, dann würde ich auf Google tippen: Die sind mit dem GCP-Chef Thomas Kurian seit einiger Zeit auf Shoppingtour und legen einen Fokus auf die ganz großen Enterprise Kunden, welche Fastly bevorzugt bedient. Zudem war Google nach der Fitbit-Übernahme der letzte Arbeitgeber des neue Fastly CFO, der daher sicher hervorragende persönliche Kontakte dorthin mitbringt.
Welchen Preis könnte Google bezahlen?
Aktuell wird Fastly mit $7 Mrd., das bedeutet ein EV/Sales Verhältnis von 21 (auf Basis der Umsatzzahlen der vergangenen 12 Monate) bewertet.
Sollte Fastly schon kurzfristig 2021 zum Verkauf stehen, so könnte ich mir ein moderates Aufgeld vorstellen, das ich in der Größenordnung von 20-30% einschätzen würde. Ich denke aber eher, dass es der Plan sein wird, Fastly noch 2-3 Jahre unabhängig weiterzuentwickeln, die finanziellen Kennzahlen insbesondere den Cashflow zu verbessern, um einen höheren Preis zu erzielen.
Fazit
Ob es dem neuen Fastly Management gelingt, das Unternehmen in den kommenden 2-3 Jahren noch attraktiver und wertvoller zu machen, das wird wird nur die Zukunft zeigen. Was mir aber bereits in dieser Woche klar geworden ist: Das Fastly Board of Directors glaubt wohl selbst nicht so richtig daran, dass aus Fastly langfristig ein neuer Cloud-Riese entstehen kann, der unabhängig in ganz neue Umsatz Dimensionen wachsen wird. Denn ansonsten hätte man wohl die CFO-Rolle anders besetzt.
Für mich als Investor bedeutet das nun einen wesentlich weniger attraktiven Investment Case. Ich hatte Fastly als spekulative High-Growth-Aktie ins Portfolio aufgenommen in der Hoffnung, damit langfristig in eines der führenden Edge-Computing-Unternehmen zu investieren. Daran kann ich nun nicht mehr so richtig glauben. Folgerichtig habe ich meine bestehende Fastly Restposition aus dem High-Tech Stock Picking wikifolio verkauft.
Das hohe Risiko, welches mit einer hoch bewerteten High-Growth-Aktie wie Fastly immer einhergeht, das gehe ich nur dann ein, wenn ich dem Unternehmen zutraue, seinen Wert bei guter Entwicklung zu vervielfachen. Ich hatte in einem früheren Beitrag mein “Beuteschema” ja schon mal erläutert: Wo ich meine Multibagger Aktien finde. Auch Fastly sollte ein solcher Multibagger für mich werden. Das hat leider in diesem Fall nicht geklappt.
Glücklicherweise muss man als Tech-Investor nicht immer richtig liegen, um langfristig überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften. Wenn Du nicht verpassen willst, welche meiner Investment-Ideen als Ersatz für Fastly den Weg ins Portfolio findet, dann kannst Du jetzt hier meinen kostenlosen Newsletter bestellen.