CoreWeave IPO: Der nächste große KI Player oder eine tickende Zeitbombe?

Mit CoreWeave steht endlich wieder ein großer Tech-IPO in den Startlöchern. Ein Rechenzentrumsbetreiber, der sich auf KI-Workloads spezialisiert hat und dessen Umsatz von mageren $16 Mio. im Jahr 2022 auf $1,9 Mrd. in nur 3 Jahren um den Faktor 120 explodiert ist. Die letzte Finanzierungsrunde fand erst vor 4 Monaten im Dezember 2024 zu einer Bewertung von $23 Mrd. statt.
Vor wenigen Tagen gab CoreWeave bekannt, OpenAI als Großkunden gewonnen und den größten Vertrag der Firmengeschichte abgeschlossen zu haben. OpenAI wird CoreWeave in den nächsten 5 Jahren bis zu $11,9 Milliarden für seine KI-Dienstleistungen zahlen. Darüber hinaus beteiligt sich OpenAI mit 350 Millionen Dollar an CoreWeave.
Der Umsatz von CoreWeave soll sich im laufenden Jahr 2025 auf $4,6 Mrd. mehr als verdoppeln, obwohl der OpenAI-Deal noch kaum Umsatzbeiträge liefert, und auch 2026 soll dank des OpenAI-Mega-Deals ein weiteres dreistelliges Wachstum auf $10,8 Mrd. vorprogrammiert sein.
Und nun will CoreWeave als neuer KI-Hyperscaler, der gerne als „one of the hottest player in the AI sphere“ angepriesen wird, an die Börse. Der IPO soll bis zu $2,7 Mrd. in die Kassen spülen. Zunächst war von einer Bewertung von $35 Mrd. die Rede, nun werden es bei einem Ausgabepreis von $47-$55 wohl eher $26-$30 Mrd. sein. Die Erstnotierung an der Nasdaq unter dem Kürzel CRWV könnte schon Ende März erfolgen, der genaue Termin steht noch nicht fest.
Klingt nach einer tollen KI-Firma mit Zukunft und vielleicht sogar nach einem guten Geschäft für Privatanleger?
Nun ja.
Zumindest ist CoreWeave die erste größere KI-Firma, die es an die Börse zieht, nachdem OpenAI mit der Veröffentlichung von ChatGPT 2022 den Durchbruch geschafft hat.
Werfen wir also einen Blick auf das Unternehmen:
Die Geschichte von CoreWeave
CoreWeave wurde erst 2017 als Krypto Mining Company gegründet und besaß zu Beginn des KI-Booms mehr oder weniger zufällig eine große Menge der begehrten Nvidia GPUs, die man ursprünglich für das Ethereum-Mining erworben hatte. Diese konnten nach dem Launch von ChatGPT Ende 2022 wesentlich lukrativer zu Knappheitspreisen an Meta, IBM, Microsoft und andere vermietet werden. Daher erfolgte 2023 der Pivot des Unternehmens weg vom Ethereum-Miner hin zum Vermieter von KI-Servern.
CoreWeave nutzte die Gunst der Stunde, kaufte im großen Stil bei Nvidia ein und orderte für mehrere Milliarden eine große Menge an GPUs. Gleichzeitig beteiligte sich Nvidia im April 2023 für 100 Mio. $ mit 6% an CoreWeave. Durch diese intensive Partnerschaft mit Nvidia wurde CoreWeave zum bevorzugten Kunden und verfügt heute über eine beeindruckende Flotte von mehr als 250.000 Nvidia-GPUs in 32 Rechenzentren in den USA und Europa. Diese Infrastruktur positioniert CoreWeave als einen der führenden Anbieter von GPU-basierten Cloud-Diensten, insbesondere natürlich für Anwendungen im Bereich der künstlichen Intelligenz.
Doch der Rekordumsatz 2024 stammt zu 62% vom Großkunden Microsoft. Das ist ein Unternehmen, das mit seinen Azure Services gleichzeitig ein Wettbewerber ist. Ein weiterer Kunde, dessen Namen CoreWeave noch nicht preisgibt, steht 2024 für weitere 15% des Umsatzes. Das bedeutet, dass CoreWeave zuletzt mehr als drei Viertel seines Umsatzes mit nur zwei Großkunden erwirtschaftete. Ob es sich bei diesem ominösen zweiten Großkunden letztlich um Meta oder gar Nvidia handelt, wie spekuliert wird, ist eigentlich nur deshalb von Bedeutung, weil die Umsatzströme zwischen Nvidia und seinen StartUp-Beteiligungen schon seit längerem Anlass zur Kritik an möglicher kreativer Buchführung im Nvidia-Zahlenwerk geben.
In jedem Fall birgt diese hohe Kundenkonzentration erhebliche Risiken. Sollte Microsoft seine Verträge kündigen oder reduzieren, könnte dies schwerwiegende finanzielle Folgen haben. Berichten zufolge hat Microsoft bereits einige Dienstleistungen von CoreWeave aufgrund von Lieferproblemen und Verzögerungen eingestellt, was die Unsicherheit weiter erhöht. CoreWeave hat diese Berichte jedoch dementiert.
Finanzierung auf tönernen Füßen
CoreWeave hat in den letzten Jahren eine aggressive Expansionsstrategie verfolgt und sich dabei stark verschuldet. Die Gesamtverschuldung beläuft sich auf rund 8 Milliarden Dollar. Diese Schulden wurden aufgenommen, um die Kapazitäten für die Bereitstellung von GPUs zu erweitern, da die Nachfrage nach Rechenleistung vor allem von Microsoft und OpenAI explodierte.
Diese Investitionsoffensive hat dazu geführt, dass CoreWeave im Jahr 2024 einen negativen Cashflow von 6 Milliarden Dollar aufweist, was mehr als dem Dreifachen des Umsatzes entspricht. Im Jahr 2025 soll laut einem Beitrag von The Information sogar ein Cashburn von 15 Milliarden Dollar entstehen. D.h. die Einnahmen aus dem Börsengang werden wohl nicht ausreichen, kurzfristig werden weitere Schulden zur Finanzierung notwendig sein.
Diese Geschäftsstrategie von CoreWeave erscheint mir hochriskant, da die Einnahmen von CoreWeave in Zukunft möglicherweise nicht ausreichen könnten, um die Zins-, Tilgungs- und Mietzahlungen für die großen Rechenzentren zu bedienen. Ein deutlicher Nachfragerückgang oder die Kündigung von Großverträgen könnte durchaus zur Zahlungsunfähigkeit führen.
Zweifelhafter Partner
Bemerkenswert ist auch die Partnerschaft von CoreWeave mit Core Scientific, einem 2017 gegründeten Unternehmen, das ursprünglich im Bitcoin-Mining tätig war und 2022 nach einem desaströsen SPAC-Börsengang noch im selben Jahr Insolvenz anmelden musste.
Inzwischen ist Core Scientific nach einem Turnaround wieder an der Nasdaq notiert. Obwohl Core Scientific bisher über keine ausgewiesene Expertise im High Performance Computing (HPC) verfügt, plant CoreWeave gemeinsam mit dem Partner in den kommenden Jahren eine Kapazität von über 500 MW bereitzustellen. Die von CoreWeave geplante Kapazität von 500 MW entspricht der kombinierten Leistung von 5 bis 10 großen Hyperscale-Rechenzentren von Unternehmen wie Google oder Amazon. Ein Rechenzentrum mit einer Kapazität von 500 MW könnte theoretisch den Energiebedarf einer Großstadt wie Frankfurt am Main decken.
Die Insolvenz von Core Scientific und die primäre Ausrichtung auf Krypto-Mining werfen die Frage auf, ob das Unternehmen überhaupt über die notwendigen Kompetenzen, finanziellen Möglichkeiten und die Infrastruktur verfügt, um die ehrgeizigen Pläne von CoreWeave umzusetzen. Der Aufbau der geplanten Rechenzentren erfordert erhebliche Investitionen und ein hohes Maß an Expertise im Umgang mit großen Datenmengen. Sollte die Partnerschaft mit Core Scientific scheitern, könnte dies nicht nur die Expansion behindern, sondern das gesamte Geschäftsmodell von CoreWeaves gefährden.
Braucht es noch mehr Red Flags?
Die Gründer von CoreWeave haben bereits vor dem IPO Aktien für fast $500 Mio. verkauft. Das ist schon sehr ungewöhnlich und erinnert an den WeWork Gründer, der vor dem geplanten IPO ähnliche Summen vereinnahmte. Was folgte, war ein gescheiterter IPO, zwei Jahre später ein Börsengang durch die Hintertür (via SPAC) und weitere zwei Jahre später war WeWork insolvent. Ich bin gespannt, ob der IPO von CoreWeave zum jetzigen Zeitpunkt gelingt und vor allem zu welcher Bewertung.Â
Der CoreWeave IPO als Härtetest für die KI Industrie
Ich denke es war ein sehr schlauer Schachzug von Microsoft, für den Aufbau von KI Rechenzentrumskapazität zumindest zwischenzeitlich auf CoreWeave zu setzen. So konnte man nicht nur die GPU Engpässe überbrücken und schneller liefern, sondern auch die ohnehin explodierenden Investitionen etwas flexibler gestalten.
Nun kann man bei Microsoft je nachdem, wie sich die Nachfrage entwickelt, entweder in Ruhe die eigenen AI Kapazitäten weiter ausbauen oder aber Kapazitäten bei CoreWeave relative geräuschlos wieder abbauen. Ich glaube zu erkennen, dass Letzteres passiert. Zwar hat CoreWeave die Kündigung bestehender Verträge dementiert, aber es wird nun stattdessen berichtet, Microsoft habe eine $12 Mrd. Option verstreichen lassen, weitere Kapazitäten bei CoreWeave anzumieten. Für mich macht das keinen großen Unterschied ehrlich gesagt.Â
Auch wenn der Nvidia CEO gebetsmühlenartig wiederholt, die Nachfrage nach GPU Chips werde in den kommenden Jahren weiterhin drastisch steigen: Ich glaube das erst, wenn offenbar wird, dass auch die Provider von Applikationssoftware mit ihren neuen AI Features glänzende Geschäfte machen und einen Wachstumsschub erleben. Davon ist aber auch 9 Monate nachdem Sequoia seine unbequeme $600 Mrd. Frage formulierte (hier nachzulesen), nichts zu sehen.
Die Erwartungen der SaaS-Companies an das laufende Geschäftsjahr ist gedämpft, es ist nichts davon zu sehen, dass eine breite Schicht von Anwenderunternehmen jetzt große Summen echten Geldes für KI Software ausgeben würde.
Bis dahin bleibt die KI Wirtschaft ein geschlossener Kreislauf, bei dem das Geld hauptsächlich zwischen Nvidia, Microsoft, ein paar weiteren Hyperscalern sowie OpenAI und den restlichen VC-finanzierten AI Playern hin und her wandert. Das geht solange gut, wie die Aktionäre von Nvidia, Microsoft und die Risikokapitalgeber das Ganze weiter finanzieren.Â
Man darf den CoreWeave IPO durchaus als einen Lackmustest für den allgemeinen Zustand der KI Industrie ansehen. Bisher haben alle AI Protagonisten (allen voran Nvidia und OpenAI, aber auch Microsoft) vehement bestritten, dass die Ausgaben für KI zukünftig geringer ausfallen könnten als bisher angenommen. Um dieses Bild aufrechtzuerhalten, braucht die KI Industrie einen nachhaltig erfolgreichen CoreWeave Börsengang.
Wer jetzt immer noch in CoreWeave investieren möchte, dem sei die umfangreiche IPO Analyse von Ed Zitron empfohlen. Der Autor ist tatsächlich der Meinung, CoreWeave sei eine tickende Zeitbombe und ich kann ihm da nicht widersprechen. Auch ich kann Euch nur dazu raten, die Finger zu lassen von dieser heißen AI Aktie.
Für mich persönlich ist CoreWeave nach einem erfolgreichen Börsengang evtl. sogar ein weiterer Kandidat für eine Short-Position in meinem Long/Short Portfolio. Wenn Du die weitere Entwicklung von CoreWeave gemeinsam mit mir verfolgen willst, dann kannst Du hier jetzt meinen kostenlosen wöchentlichen Newsletter bestellen.
Disclaimer: Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise. Der Autor und/oder mit ihm verbundene Personen oder Unternehmen hält Short-Positionen auf Aktien von Nvidia (Stand 24.3.2025).