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Stefan Waldhauser

Cisco schluckt Splunk. Wer ist der Nächste?


Cisco Splunk Akquisition

Letzte Woche gab der Netzwerkgigant Cisco seine Absicht bekannt, den Cyber-Security Softwareanbieter Splunk für 157$ pro Aktie zu übernehmen. Das entspricht einem Enterprise Value von etwa $28 Mrd. Die geplante Splunk Akquisition ist damit nicht nur die größte Akquisition in der Geschichte von Cisco, sondern eine der größten Übernahmen aller Zeiten in der Software-Industrie.


Mit diesem Beitrag werfe ich einen etwas genauere Blick auf diesen Deal und seine Bedeutung auch für die Konkurrenten von Splunk wie z.B. Elastic aus meinem Portfolio.

Splunk Aktienkursentwicklung

Die Splunk Akquisition

Zunächst einmal meinen herzlichen Glückwunsch an die Splunk Aktionäre: Der mit Cisco vereinbarte Preis i.H.v. 157$ in bar entspricht einem deutlichen Premium von über 30% auf die letzten Aktienkurse vor Bekanntgabe der Übernahme.


Die Übernahme erfolgt ca. 30% unter dem 2020 erreichten All-Time-High. Aber die meisten Splunk Aktionäre dürften nach dem Tech-Crash, der die Splunk Aktie im Oktober 2022 unter 65$ drückte, froh über diesen Exit sein.


Der Splunk CEO Gary Steele hat alles richtig gemacht: Er hatte erst 2021 Proofpoint als Founding CEO für über $12 Mrd. an den Private Equity Investor Thoma Bravo verkauft. Dann war er in schwierigen Zeiten vor 18 Monaten im April 2022 zu Splunk geholt worden, wohl um das Unternehmen für einen Verkauf vorzubereiten. Das ist ihm offenbar mit Bravour gelungen.


Direkt nach Bekanntgabe der Splunk Übernahme verlor die Cisco-Aktie 4%, das entspricht einer Marktkapitalisierung von immerhin $8 Mrd. Offenbar sind Cisco Aktionäre also nicht ganz so glücklich über diesen Deal... Evtl. erinnern die sich gerade daran, dass (je nach Studie) 70-90% aller größeren Übernahmen für die Shareholder keinen Wert schaffen?


Wie auch immer: Die $28 Mrd. schwere Übernahme von Splunk durch Cisco ist die drittgrößte Übernahme aller Zeiten in der Softwarewelt. Mehr zahlten nur Broadcom für VMware ($61 Mrd., 2022) und IBM für Red Hat ($34 Mrd., 2018).


Ähnlich teuer wie Splunk waren seinerzeit übrigens Slack für Salesforce ($27,7 Mrd., 2021) und LinkedIn für Microsoft ($27 Mrd., 2016).

Wer ist Splunk überhaupt?

Splunk wurde vor 20 Jahren gegründet, zählt also nicht mehr zu den ganz jungen Cybersecurity Firmen. Das Unternehmen ist Marktführer im sogenannten Log Management, das heutzutage als Teil von SIEM (Security Information and Event Management) betrachtet wird.


Der Kern des Splunk-Angebots ist die Fähigkeit, Daten aus den verschiedensten Quellen zu sammeln und auswertbar zu machen. Die Splunk Software wird häufig zur Überwachung bzw. Fehlerbehebung von IT-Infrastrukturen, Security-Events und Business-Kennzahlen eingesetzt.


Splunk wurde seinerzeit bekannt als erfolgreicher Pionier des Log Managements. In den vergangenen Jahren zählte Splunk nicht mehr zu den High-Growth-Companies der Branche und hat gerade eine anstrengende Wandlung seines Geschäftsmodells weg vom klassischen Softwarelizenzvertrieb und hin zum modernen Subskriptionsbusiness zu bewältigen. Das Unternehmen ist in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld unterwegs und sieht sich aggressiven Herausforderern wie Datadog, Dynatrace und Elastic gegenüber, die schneller wachsen.

Warum gibt Cisco so viel Geld für Splunk aus?

Cisco steckt für viele Investoren in der undankbaren Schublade des Legacy-Hardwareanbieters. Das Wachstum des Netzwerkriesen ist fast zum Stillstand gekommen. Cisco verliert auf seinen Kern-Geschäftsfeldern seit Jahren Marktanteile gegen Herausforderer wie Arista Networks.


Daher wird die Cisco Aktie nur noch zum 10-fachen des Free Cashflows bewertet, ist damit preiswerter als das KGV von immerhin 17 suggeriert.


Die Cisco Aktie ist billig aufgrund der o.g. problematischen Wahrnehmung. Diese Akquisition ist der Versuch von Cisco, zukünftig mehr als moderne software-getriebene Company wahrgenommen zu werden. Denn für die werden wesentlich höhere Bewertungsmultiple bezahlt.


Der wesentliche Treiber für die Splunk Akquisition ist der wiederkehrende und gut planbare Umsatzstrom. Den hat Splunk in den vergangenen Jahren auf ca. $4 Mrd. ausgebaut. Mit Abschluss der Transaktion steigt der Softwareumsatz bei Cisco in Richtung $20 Mrd., das ist dann mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes.

Der vereinbarte Kaufpreis für Splunk entspricht dem 7-fachen Umsatz. Das ist wahrlich kein Schnäppchen, aber ein durchaus fairer Preis für ein wiederkehrendes Software-Business, das auch in den kommenden Jahren zweistellig wachsen und für mindestens 20% Cashflow-Margen gut sein sollte.


Die Splunk Mitbewerber feiern

Die Elastic Aktie aus meinem Portfolio ist nach der Ankündigung der Splunk Akquisition entgegen dem Markttrend kurzfrisitig deutlich gestiegen.


Der Grund dafür: Wie immer bei solch großen Akquisitionen folgt nach der Ankündigung bis zur Finalisierung des Deals zunächst eine Phase der Unsicherheit für Kunden und Interessenten der beteiligten Parteien.


In diesem Fall gibt es durchaus einige Überlappungen von Splunk mit dem unüberschaubaren Cisco Angebot und keiner weiss so recht, welche Produkte weitergeführt werden und welche nicht. Abhilfe könnte eine gemeinsame Roadmap schaffen, doch die darf erst nach offizieller Finalisierung der Akquisition kommuniziert werden.


So hat Cisco ja bereits einen Geschäftsbereich „End-to-End Security“, der aus Security Produkten besteht und immer hin fast $4 Mrd. Umsatz erwirtschaftet. Bis zur Finalisierung des Deals werden ca. 12 Monate vergehen und in dieser Zeit haben die Wettbewerber von Splunk insbesondere im Neugeschäft gute Chancen, dem Splunk Vertrieb durch gezielte Streuung von FUD (Fear, Uncertainty, Doubt) das Leben schwer zu machen.


Für die Zeit danach wird es darauf ankommen, dass schnellstens eine überzeugende Roadmap präsentiert wird. Kunden wollen verstehen, wie die Integration des Splunk Angebotes in das Cisco Produktportfolio erfolgen wird. Denn die Erfahrung lehrt, dass durchaus die Gefahr besteht, dass solche umfangreichen Zukäufe technisch nicht wirklich tief integriert werden und zu viel Ärger auf der Kundenseite führen.

Kunden hassen es, wenn bei solchen Deals das Financial Engineering im Vordergrund steht. Ob dem in diesem Falle so ist, das muss die Zeit zeigen.

In jedem Fall dürfte insbesondere das Neugeschäft von Dynatrace, Datadog und Elastic die anstehende Splunk Akquisition in den kommenden Quartalen als Rückenwind verspüren. Zumal neben Splunk auch der Wettbewerber New Relic aktuell von Private Equity Investoren übernommen wird, sich entsprechenden Sparmaßnahmen gegenübersieht und demnächst von der Börse verschwinden wird.

Ist das der Beginn einer Welle von Übernahmen?

Es ist gut möglich, dass wir nach längerer Durstrecke nun wieder vermehrt solche Übernahmen in der Softwareindustrie sehen werden.


M+A Deal in der Softwareindustrie

In der jüngeren Vergangenheit gab es kaum solche Deals durch strategische Käufer aus der Industrie. Denn die in Frage kommenden Aufkäufer wie Microsoft, Alphabet, Adobe, Oracle u.v.m. hielten sich zurück, weil sie genug organisches Wachstum sahen und angesichts der extrem hohen Preise am Markt für Cloud Software (SaaS) Unternehmen.


Größere Deals kamen in den letzten beiden Jahren vor allem durch Finanzinvestoren wie Silver Lake, Thoma Bravo oder Permira zustande. Diese nahmen Softwarefirmen wie Qualtrics für $12,5 Mrd., Proofpoint für $12,3 Mrd., Zendesk für $10,2Mrd. und Coupa für $8 Mrd. in sogenannten "Going Private" Transaktionen von der Börse.


Das Ziel dieser Private/Equity Investoren ist grundsätzlich, die Companies fernab vom Finanzmarkt weiterzuentwickeln. In der Praxis bedeutet das dann meist einen strikten Sparkurs, damit weniger Innovation bei höherer Profitabilität, um die bei der Transaktion auferlegten Schulden zurückzahlen zu können.


Am Ende der Private/Equity-Reise steht dann einige Jahre später ein Weiterverkauf oder aber ein nochmaliger IPO der dann auf Profitabilität getrimmten Unternehmen.

Warum gerade jetzt?

Software-Aktien sind im historischen Vergleich günstig, was sie zu attraktiven Übernahmezielen macht:

Bewertungsmultiple von SaaS

Insbesondere die nicht ganz so schnell (weniger als 15%) wachsenden Software-Companies werden aktuell für historisch gesehen niedrige EV/Sales-Multiple gehandelt. Der EV/Sales Median dieser Unternehmenskohorte liegt aktuell unter 4. Wer sich für die Historie dieser SaaS-Bewertungen im Detail interessiert, dem sei der "Clouded Judgement" Blog von Jamin Ball empfohlen.


Demgegenüber werden bei M+A-Transaktionen selbst die nur moderat wachsenden SaaS Companies meist nicht unter dem 6-fachen ihres Umsatzes verkauft. Und zwar unabhängig, ob es sich bei den Käufern um Finanzinvestoren oder strategische Käufer aus der Tech-Industrie handelt. Die aktuellen Bewertungen an der Börse bieten also im Falle einer Übernahme ordentlich Raum für die Zahlung eines Premiums an die Altaktionäre.


Aktuelles Beispiel: Die Übernahme von Cisco bewertet Splunk mit dem 7-fachen des erwarteten Umsatzes in den kommenden 12 Monaten. Die meisten Analysten halten den von Cisco gezahlten Preis dennoch für angemessen, obwohl Splunk nur noch knapp zweistellig wachsen dürfte.

Die Bereitschaft zum Verkauf steigt

Für eine erfolgreiche Akquisition benötigt es selbstverständlich immer zwei Parteien. Mindestens einen solventen Kaufinteressenten und - was oft vergessen wird - die Zustimmung der Mehrheit der Altaktionäre zu einem Verkauf.


Deren "Willingness to sell" ist naturgemäß davon abhängig, welche Alternativen ein Unternehmen hat, um die Unabhängigkeit zu bewahren und sich auch ohne starken Partner erfolgreich weiterzuentwickeln.


Die Möglichkeiten zur Wachstumsfinanzierung sind auch für Software-Unternehmen mittlerweile deutlich eingeschränkt gegenüber den vergangenen Jahren. Denn die waren geprägt durch das nahezu "kostenlose" Geld. Mittlerweile sind durch den Zinsanstieg die Zeiten vorbei, in denen Kapital zumindest für viele dieser Companies fast beliebig verfügbar war.


Einige Unternehmen, die während der Nullzins-Phase Geld zu hohen Bewertungen z.B. durch die Ausgabe von Wandelanleihen aufgenommen haben, ziehen es sicherlich vor, verkauft zu werden, anstatt gezwungen zu sein, bei ihren Investoren erneut Geld zu einer niedrigeren Bewertung aufzunehmen.


In diesem Zusammenhang werden Unternehmen wie Alteryx, Braze aber auch Elastic immer wieder als Übernahmekandidaten genannt.

Fazit

Es spricht tatsächlich einiges dafür, dass das Übernahmekarussell der Softwareindustrie sich in den kommenden 12 Monaten wieder zu drehen beginnt. Der bei einer solchen Transaktion mit einem strategischen Käufer voraussichtlich zu erzielende Preis (6x Umsatz ist eine konservative Pi-Mal-Daumen-Regel für ein durchschnittliches SaaS Unternehmen) spielt für mich generell eine große Rolle, wenn ich über den inneren fairen Wert meiner eigenen Softwareaktien nachdenke.


Die Übernahmephantasie sollte aber kein entscheidender Grund zum Kauf eines Softwaretitels sein. Denn solche Deals wie im Falle von Splunk lassen sich nicht wirklich prognostizieren. Und der Zeitpunkt dafür schon gar nicht. Im Falle Splunk gab es wohl schon unter dem alten Splunk CEO in früheren Jahren Gespräche mit Cisco, die damals fehlschlugen. Aber man sieht sich ja bekanntlich immer zweimal im Leben.


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Disclaimer: Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen KEINE Anteile von Cisco oder Splunk. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.



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