C3.ai Aktienanalyse einmal anders
Nach den Zahlen der Social Investing Plattform wikifolio, auf der mehr als 31.000 Musterportfolios von Aktionären aus dem deutschsprachigen Raum geführt werden, ist ausgerechnet das unter dem Börsenkürzel "AI" geführte Softwareunternehmen C3.ai die aktuell am häufigsten gehandelte Aktie, erstaunlicherweise noch vor Nvidia (hier meine Einschätzung der Nvidia Aktie zum Nachlesen).
Der primitive Grund ist wohl die Kursentwicklung der vergangenen Monate: Denn der C3.ai Aktienkurs hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht und die Spekulanten werden in Scharen von diesem Momentum angezogen - wie die Motten vom Licht sozusagen.
Zudem fällt im Unterwasserchart auf, dass die C3.ai Aktie auch nach über 200% Kursgewinn noch immer mehr als 75% unter ihren Höchstkursen aus dem Jahre 2021 notiert.
Fast folgerichtig wurde auch ich in den vergangenen Wochen zigmal um eine C3.ai Aktienanalyse gebeten, die ja alleine schon deshalb interessant erscheint, weil die Aktie die magischen Buchstaben AI im Namen trägt. Das alles ist Grund genug, mit diesem Beitrag für Euch mal ganz kurz auf die C3.ai Aktie zu schauen.
Aber bitte erwartet keine vollständige C3.ai Aktienanalyse. Die braucht es m.E. auch gar nicht, um zu einer ausreichenden Einschätzung zu gelangen.
Die Historie von C3.ai
C3.ai wurde vom mittlerweile 70 Jahre alten Tom Siebel gestartet. Das ist der Gründer von Siebel Systems, die um die Jahrtausendwende ein damals erfolgreicher Pionier von CRM Software waren. 2005 würde Siebel Systems von Oracle übernommen, nachdem das Unternehmen von Salesforce disrupted worden war und immer mehr an Marktanteilen im CRM Markt verlor. Tom Siebel wurde mit Siebel Systems zum Milliardär und startete wenige Jahre nach seinem Exit mit C3.
Die neue Company von Tom Siebel hat trotz ihrer noch jungen Unternehmensgeschichte seit der Gründung anno 2009 gleich zwei bemerkenswerte Wandlungen durchlebt:
Das Unternehmen wurde ursprünglich als C3 Energy gegründet, um Analyselösungen für öffentliche Versorgungsunternehmen zu entwickeln, die sich auf das Aufkommen von "Smart Grids" (damals ein allgegenwärtiges Buzzword) vorbereiten sollten. Im Jahr 2016 wurde das Unternehmen in C3 IoT umbenannt, weil damals das "Internet of Things = IoT" in aller Munde war. Nachdem dieser Hype schnell abebbte, erfolgte 2019 eine erneute Umbenennung in C3.ai und Ende 2020 der IPO an der New York Stock Exchange mit dem Börsenkürzel "AI".
Was macht C3.ai ?
Irgendwas mit künstlicher Intelligenz werden jetzt die meisten von Euch wahrscheinlich sagen. Und das stimmt dann auch so in etwa. Wenn man es etwas genauer wissen will, dann ist das schon etwas schwieriger, denn das C3.ai Produktportfolio ist ducrhaus komplex.
Die Produkte von C3.ai umfassen:
C3 AI Platform: Eine Plattform, die es Entwicklern ermöglicht, KI-Anwendungen zu erstellen, zu testen, zu implementieren und zu betreiben. Mit dieser Suite können Unternehmen ihre eigenen Modelle erstellen oder vorgefertigte Modelle aus der Bibliothek des Unternehmens verwenden.
C3 AI Applications: Eine Reihe von 40 vorgefertigten Anwendungen, die speziell für bestimmte Branchen (=vertikale Lösungen) oder Aufgaben (=horizontale Lösungen) entwickelt wurden. Diese umfassen Energieverwaltung, Betrugsbekämpfung und vieles mehr.
C3 AI Ex Machina: Ein Tool, das es Nicht-Technikern ermöglicht, datengesteuerte Entscheidungen zu treffen, indem es sie befähigt, KI-Modelle zu erstellen und zu implementieren, ohne Code schreiben zu müssen.
C3 Generative AI Product Suite: Ein Framework, um Unternehmenskunden eine transformative Benutzererfahrung mit einer natürlich-sprachlichen Schnittstelle zum schnellen Auffinden, Abrufen und Präsentieren von relevanten Daten eines Unternehmens zu ermöglichen.
Im Allgemeinen konzentriert sich C3.ai darauf, Unternehmen dabei zu helfen, die Vorteile der KI zu nutzen, indem es ihnen die Tools zur Verfügung stellt, die sie benötigen, um KI-Lösungen zu erstellen und zu betreiben.
Das hört sich toll an, oder?
Aber habt ihr jetzt verstanden, was C3.ai wirklich macht und womit die Company Geld verdient?
Ich auch nicht! Denn da ist eine Menge "Bullshit-Bingo" mit dabei. ;-)
Fakt ist:
Das Börsenkürzel "AI" ist als Marketing Meisterleistung des C3.ai Managements zu bezeichnen, denn dadurch wurde das Unternehmen für den unbedarften Investor als DIE Standardaktie für künstliche Intelligenz bekannt. Und das, obwohl der Großteil des
C3 Geschäftes noch heute aus Analysemodellen besteht, die für eine bis heute relativ kleine Anzahl von weniger als 250 Versorgungs-, Energie- und Kunden aus der US Regierung entwickelt wurden. Die Kundenbasis hat sich im letzten Geschäftsjahr übrigens nicht wesentlich vergrößert.
Interessant ist das Verhältnis der Anzahl von Produkten zu Kunden. Es gibt dutzende von Produkten (alleine 40 vorgefertigte AI Applikationen) aber nur eine sehr kleine Kundenbasis. Das deutet darauf hin, dass zumindest in der Vergangenheit wenig skalierbares Professional Services-Geschäft (= Individualentwicklung) zum Produktgeschäft umfunktioniert wurde, um Subskriptionsumsatz ausweisen zu können.
Ein paar Zahlen zur C3.ai Aktienanalyse
C3.ai hat seinen Umsatz im bereits beendeten FY23 um gerade mal 5% auf $267 Mio. gesteigert. Für das laufende FY24 prognostiziert das C3.ai Management ein mageres Umsatzwachstum von 10-20%.
C3.ai hat im abgelaufenen Geschäftsjahr einen operativen Verlust von $290 Mio. ausgewiesen, der höher als der Umsatz war.
D.h. für jeden Dollar Umsatz wurden im operativen Geschäft mehr als 2 Dollar aufgewendet!
C3.ai wird bei einem Aktienkurs von 36$ mit einem Enterprise Value von weit über $3 Mrd. gehandelt. Das bedeutet ein deutlich zweistelliges EV/Sales-Verhältnis. Man muss als Aktionär also schon fest davon ausgehen, dass dem Unternehmen mit seinen Produkten eine echte High-Growth-Phase bevorsteht, um diesen Preis auch nur ansatzweise zu rechtfertigen.
Mir fehlt dafür die Phantasie. Da ich die dafür notwendige hochskalierbare Technologie nicht sehe. Und in meinen Augen ist das Unternehmen daher nur einen Bruchteil seines aktuellen Preises wert.
Der Absturz des C3.ai Aktienkurses nach Abebben des aktuellen AI Hypes ist wohl nur eine Frage der Zeit. Geschichte wiederholt sich eben doch.
Und damit ist mein Interesse an einer weitergehenden Aktienanalyse von C3.ai gestorben. Die vielen C3.ai Aktionäre unter Euch sind herzlich eingeladen, mir eine (gerne 500-1000 Worte umfassende) Begründung zukommen zu lassen, warum ich mit meiner negativen Einschätzung des Unternehmens und der C3.ai Technologie falsch liege. Sehr gerne werde ich einen entsprechenden Gastartikel auf diesem Blog veröffentlichen, sofern mich die Argumente überzeugen.
Wer sich von Euch nach Lesen meiner Kurz-Einschätzung tatsächlich noch näher mit C3.ai beschäftigen möchte, dem sei der Shortseller-Report von Kerrisdale empfohlen. Wer keine Shortseller mag, der kann auch diesen Artikel von CNBC lesen. Da geht es um die Rechtsstreitigkeiten, mit denen Tom Siebel zu kämpfen hat, nachdem er für hunderte von Millionen Dollar C3.ai Aktien zu guten Kursen verkauft und vorher angeblich Falschinformationen verbreitet hat.
Mein Fazit war selten so einfach wie eindeutig: Finger weg von der C3.ai Aktie!
Disclaimer
Der Autor und/oder verbundene Personen oder Unternehmen besitzen KEINE Anteile von C3.ai. Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und selbstverständlich keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.