Lending Club - Ende mit Schrecken oder Schrecken ohne Ende?
Heute schreibe ich seit längerem wieder mal einmal einen Beitrag, der mir nicht so viel Spass macht. Denn ich muss zugeben, dass mein Einstieg in die Lending Club Aktie aus heutiger Sicht ein Fehler war. Ich habe daher folgerichtig die Reissleine gezogen und schweren Herzens -27% Verlust für mein High-Tech Stock Picking wikifolio realisiert.
Vor ziemlich genau 3 Monaten hatte ich Euch Lending Club hier im Blog erstmals vorgestellt mit dem Beitrag: https://www.high-tech-investing.de/single-post/2017/11/24/Lending-Club---eine-Aktie-fuer-antizyklische-Investoren
Beim ersten Blick auf die Zahlen von Lending Club zum Q4 aus der vergangenen Woche dachte ich alles sei im grünen Bereich. Je mehr ich mich aber in den vergangenen Tagen mit den Ergebnissen von Lending Club für 2017 und insbesondere mit dem Ausblick für 2018 und der aktuellen Bilanz beschäftigt habe, desto unwohler ist mir geworden mit diesem Investment.
Der Kurs der Lending Club Aktie ist nach der Veröffentlichung der Geschäftszahlen für 2017 in den vergangenen Tagen weiter gefallen. Einer der Grundsätze meiner Anlagestrategie besagt, dass ich mich bei Buchverlusten von 20-30% zwinge, eine Entscheidung zu treffen über die Realisierung von Verlusten oder dem Verbilligen meiner Position durch konsequentes antizyklisches Nachkaufen.
Normalerweise habe ich kein Problem damit, gesunkene Kurse als Kaufgelegenheiten anzusehen und antizyklisch nachzukaufen in einer Phase in der kaum ein anderer Investor die Aktie haben will. Einige meiner grössten Erfolge in den vergangenen Jahren habe ich so erzielt.
Aber eine Grundvoraussetzung für einen solchen Nachkauf ist es, dass ich das Geschäft wirklich vollständig verstehe und felsenfest davon überzeugt bin, dass ich mit meiner positiven Einschätzung richtig liege. Leider kann ich das derzeit von Lending Club nicht behaupten.
Meine Bedenken
Mein Hauptproblem ist, dass das ursprüngliche Geschäftsmodell immer mehr aufgeweicht wird. Ich bin in Lending Club als führende P2P-Lending Plattform eingestiegen eben weil dabei ursprünglich kein Kreditausfallrisiko vorhanden war. Denn Lending Club realisierte seinen Umsatz ja (wie bei Plattformen üblich) bisher aus Servicegebühren für die Vermittlung der Kredite.
In den letzten 2 Quartalen hat das Management nun aber damit begonnen, in nicht unerheblichem Umfang strukturierte Finanzprodukte zu kreieren, deren Risiken zumindest teilweise in der eigenen Bilanz gehalten werden.
Risiken in der eigenen Bilanz
Ich kann leider nicht einschätzen wie hoch das Risiko ist, das in diesen strukturierten Papieren enthalten ist. Das Chance-/Risikoverhältnis der Lending Club Aktie hat sich jedoch dadurch für mich erheblich verschlechtert. Ich sehe nach wie vor die Chance, dass sich der Wert der Aktie verdoppeln könnte, wenn die Pläne des Managements aufgehen. Allerdings kann ich nun auch nicht mehr ausschliessen, dass LC in kommenden unruhigen Zeiten in ernstzunehmende Schwierigkeiten geraten könnte, wenn dem nicht so ist.
Das ist also keine Situation in der ich mich guten Gewissens zum Nachkauf entschliessen kann. Aussitzen war für mich noch nie eine gute Option. Also bleibt mir nichts anderes übrig als mir (und Euch) meinen Fehler einzugestehen und die Lending Club Position mit Verlust zu verkaufen, die ich erst vor 3 Monaten erworben hatte.
Damals hatte ich geschrieben: " Ich denke hier kann man nun vorsichtig einsteigen. Vorsichtig heisst für mich nur eine kleinere Position jetzt kaufen und erstmal die nächsten Monate und Quartale abwarten, ob die weitere Entwicklung so verläuft wie von mir erwartet.“
Nun ist es anders gelaufen als von mir ursprünglich erwartet. Das sollte grundsätzlich Anlass genug sein, einmal selbstkritisch zu hinterfragen, was da falsch gelaufen ist.
Das sind die 4 wesentlichen Fehler, die ich beim meinem Einstieg in Lending Club gemacht habe:
1. Investition aufgrund von Leistungen in der Vergangenheit
Lending Club hat sich als Pioneer des P2P-Lending in der Vergangenheit große Verdienste erworben und disruptive Veränderungen in der ehemals verkrusteten Kreditbranche angestossen. Aber das Geschäftsmodell ist zu leicht von anderen StartUps kopierbar und auch die etablierten Banken (siehe das Goldman Sachs-Angebot) haben das Thema Personal Loan für sich entdeckt. Das ist kein Umfeld wo man in Zukunft für Lending Club eine dauerhaft marktbeherrschende Stellung und großartige Margen erwarten könnte. Und an der Börse wird nunmal ausschließlich die Zukunft gehandelt.
2. Unterschätzen der Altlasten
Lending Club hat im Q4 2017 einen kostspieligen Vergleich für bestimmte Rechtsstreitigkeiten geschlossen, die aus dem Skandal um den alten CEO in 2016 herrührten. Auch für 2018 sind weitere Aufwände zur Beseitigung der Altlasten zu erwarten, deren Höhe das Management noch nicht seriös prognostizieren kann. Diese Rechtsstreitigkeiten habe ich unterschätzt. Und ich bin ehrlich gesagt auch enttäuscht vom Management, dass offenbar nicht ausreichende Rückstellungen gebildet wurden, denn diese Rechtsstreitigkeiten existieren ja schon seit 18 Monaten.
3. Überschätzen der Bilanzqualität
Ein Grund für meinen Einstieg war die komfortable Bilanz mit einer großen Cash-Position bei keinen nennenswerten Schulden. Die Beilegung der Rechtsstreitigkeiten sowie die Auflage der strukturierten Kreditprodukte haben viel Geld gekostet, die Bilanz erheblich verändert und komplexer gemacht. Ich hasse Komplexität...
4. Mangelnde Fachkenntnis
Ich habe Lending Club als Plattform-Company gekauft und geglaubt das Geschäftsmodell sei relativ einfach und für mich gut einschätzbar. Nun sehe ich, dass das Management immer kreativer werden muss, um margenstärkere Umsatzströme aufzubauen. Diese „Kreativität“ rund um strukturierte Finanzprodukte kann ich mangels Fachkenntnis nicht ausreichend beurteilen.
Fazit
Alles in allem war es für mich an der Zeit, bei Lending Club die Reissleine zu ziehen und Verluste zu realisieren. Nach all den tollen Erfolgen in der letzten Zeit mit teilweise 3-stelligen Kurszuwächsen ist das natürlich wieder mal eine Enttäuschung.
Aber natürlich liege ich wie jeder Investor ab und zu mal falsch mit meiner Einschätzung und dann ist es wichtig, den eigenen Fehler möglichst schnell einzugestehen und zu bereinigen bevor größerer Schaden für das Portfolio entstehen kann. Ich hatte Lending Club nur relativ gering gewichtet in meinem Portfolio, so dass kein größerer Schaden entstehen konnte trotz meiner Fehleinschätzung.
Wenn Du mehr über meine Anlagestrategie erfahren willst, dann empfehle ich Dir die folgenden Beiträge zu den Grundlagen des High-Tech-Investing:
Disclaimer
Dieser Beitrag stellt eine Meinungsäußerung und keine Anlageberatung dar. Bitte beachte die rechtlichen Hinweise.